Zweite Chance

Viele Filme sind schneller wieder aus dem Kino, als es dem Publikum lieb ist. Hier kriegen Filme und die Zuschauer*innen, die sie verpasst haben, ihre zweite Chance auf eine Begegnung im Kino.

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The Last Showgirl

USA 2024, Regie: Gia Coppola, mit Pamela Anderson, Kiernan Shipka, Jamie Lee Curtis, 89 Min., OmU

Shelly Gardner, 57, steht seit drei Jahrzehnten als Showgirl in der Revue „Le Razzle Dazzle“ auf der Bühne eines Casinos in Las Vegas. Als der Produzent Eddie verkündet, dass die Show in zwei Wochen abgesetzt wird, steht Shelly vor einer ungewissen Zukunft. Während ihre jüngeren Kolleginnen sich für neue gewagtere Engagements bewerben, ringt Shelly mit dem Ende ihrer Karriere und finanziellen Sorgen. Und dann steht nach jahrelanger Funkstille plötzlich ihre Tochter Hannah vor Shelleys Tür. Weshalb ihre Mutter sie im Kindesalter einer Pflegefamilie anvertraute, erfährt Hannah erst jetzt. Hinter der Karriere steckte nichts anderes als eine tägliche Strip-Show. Dass und ein missglücktes Vorsprechen zeigt Shelly schließlich brutal ihre Grenzen auf. Am Abend der letzten Vorstellung muss sie sich fragen, wie es für sie weitergeht. Pamela Anderson, für die Gia Coppolas Film ein Comeback bedeutet, spielt ihre Rolle als Shelly abseits der Bühne ohne jegliches Make-up. 

Die Kamera rückt bis an Pamela Andersons gebräunte Haut und die künstlichen Wimpern heran. Regisseurin Gia Coppola, Mitglied des Coppola-Filmclans, konzentriert sich in ihrer Version der oft erzählten Elternteil-Kind-Annäherungsstory à la „The Wrestler“ auf den Körper: In gesättigten Farben zeigt sie Showgirl Shelley als Opfer genau jener misogynen und ageistischen Strukturen, von denen sie (als me¬dioker talentierte Tänzerin) einst profitierte. (…) Coppolas Bilder (...) verdeutlichen Trauer und Bedauern, und sie erzeugen Empathie. (Jenni Zylka, www.taz.de)

Anderson zeichnet, oft in Nahaufnahme, nuanciert das Bild einer widersprüchlichen Frau: egozentrisch und empathisch, zugänglich und abweisend, charmant und aggressiv. Der Kontakt zu ihrer von [Billie] Lourd mit viel kritischer Energie erfüllten Tochter Hannah konfrontiert sie auf schmerzhafte Weise mit vergangenen Entscheidungen und lange einstudierten Lebenslügen. 
(Dietmar Kanthak, www.epd-film.de)

Die rau wirkende Super-16mm-Kinematografie entfaltet eine besondere Wirkung: Das flirrende, sanft verschwommene Licht der Linsenreflexionen verleiht den Einkaufszentren und trostlosen Parkplätzen des Tages in Las Vegas eine weichere Ästhetik – so wie die mit Pailletten bestäubten Tüllschichten einen künstlichen Zauber über die müde und kitschige Realität der Revue-Show legen. (Wendy Ide, www.theguardian.com