Nonkonform

Do. 13.3., Sa. 15.3., Mo. 17.3. + Mi. 19.3. / 20:00
Fr. 14.3., So. 16.3. + Di. 18.3. / 17:30
Mi. 26.3. / 15:00
Dietrich Kuhlbrodt, 1932 geboren, lebt als Pensionär im Treppenviertel von Blankenese. Seine Frau Brigitte, mit er fünfzig Jahre lang zusammen war, ist gestorben, aber Dietrich Kuhlbrodt ist noch da, wach, lebendig, streitbar, humorvoll. Er war Oberstaatsanwalt und ist Schauspieler und Filmkritiker. In seinem ersten Beruf hat er in den Sechzigerjahren Nazis verfolgt. Im zweiten hat er oft Nazis gespielt und Rollen in den Filmen Christoph Schlingensiefs (u.a. „Das deutsche Kettensägenmassaker“, „Menu Total“), Lars von Triers („Europa“) und dem „Nonkonform“-Regisseur Arne Körner („Der Gasmann“) übernommen. In seinem dritten Beruf hat Kuhlbrodt unzählige Texte für den Filmdienst, Filmkritik und Konkret geschrieben. Und vor allem hat er Freude daran, sich unkonventionell zu verhalten und zu überraschen. So verspeist der 92-jährige vor laufender Kamera mit Genuss ein Sektglas. In „Nonkonform“ kombiniert Arne Körner Archivmaterial mit ausgiebigen Interviews und Momentaufnahmen aus Kuhlbrodts Alltag, unterlegt mit einem jazzigen Soundtrack von Helge Schneider.
Kuhlbrodt schäkerte mit R.W. Fassbinder, schrieb ein Drehbuch für Werner Schroeter, drehte eine Episode für Michael Bryntrups Jesus-Epos, vor allem aber ließ er bei Christoph Schlingensief die Sau raus: Er spielte Nazis wie Joseph Goebbels oder verarbeitete Wende-Ossis zu Wurst. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt!
Ein paradoxes, schillerndes Leben in einem funkelnden Dokumentarfilm! Eine riesige Wundertüte voll seltener Filmausschnitte – und mit dem jazzig-flockigen Soundtrack von Helge Schneider. (Quelle: 58. Internationale Hofer Filmtage 2024)
„Es ist eigentlich schwer vorstellbar, dass der vor Vitalität nur so sprudelnde Tausendsassa Dietrich Kuhlbrodt […] so schnell von der Bildfläche verschwinden wird. Mit seinen mehr als 90 Jahren strahlt Kuhlbrodt eine beneidenswerte Frische und Energie aus, die sich mühelos auch auf die Zuschauenden überträgt. Einen passenderen Filmtitel als „Nonkonform“ hätte man sich für sein dokumentarisches Porträt jedenfalls schwer ausdenken können.“
(Nathanael Brohammer, Nordische Filmtage)
Kuhlbrodt gibt nicht nur interessante Einblicke in die Schlingensief-Community, in der Kunst und Leben miteinander verschmolzen. Seine Art des Redens ist selbst schon eine unnachahmliche Performance. Wer ihn noch in jenen hitzigen Fernsehdiskussionen der 1990er erlebte, in denen er gegen die Zensur von Gewaltdarstellung pestete, weiß, welche Leidenschaft in diesem Verfechter des Abseitigen glüht.
(Manfred Riepe, www.epd-film.de)