Filmreihe: Gedenktag 27. Januar
Erinnern für die Zukunft — 27. Januar Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus
Am 27. Januar 2025 jährt sich die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz zum 80. Mal. Dieses Datum markiert nicht nur das Ende unsagbaren Leids für die wenigen Überlebenden, sondern auch den Beginn einer weltweiten Verpflichtung: die Erinnerung wachzuhalten, Lehren zu ziehen und dafür einzustehen, dass sich ein solches Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals wiederholt.
Seit 1996 ist der 27. Januar, der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, offizieller Gedenktag der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer des Nationalsozialismus. 2005 erklärten die Vereinten Nationen (UN) den 27. Januar zum weltweiten Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. (Quelle: Erinnern für die Zukunft e.V.)
Die Bremer Landeszentrale für politische Bildung (LzpB) und der Verein „Erinnern für die Zukunft e.V.“ koordinieren bereits seit dem Jahr 1996 ein jährliches Gedenkprogramm anlässlich des 27. Januar. Zahlreiche Vereine, Initiativen, Institutionen und Einzelpersonen bieten seitdem in jedem Jahr Lesungen, Vorträge, Ausstellungen, Konzerte, Stadtführungen oder Filmvorführungen an, die sich auf unterschiedliche Art und mit verschiedenen Schwerpunkten der Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus widmen.
Die Bremer Landeszentrale für politische Bildung (LzpB) und der Verein Erinnern für die Zukunft e.V. sammeln, koordinieren und präsentieren diese Veranstaltungen in einem Flyer, der jährlich Ende Dezember erscheint und hier abrufbar ist.
Programmheft zum 27. Januar |
Speer Goes to Hollywood

Do. 6.3. / 20.00mit Marcus Meyer, Gedenkort Bunker Valentin & Anja Link, Hochschule Bremen
Fr. 7.3., So. 9.3. + Di. 11.3 / 17:30
Sa. 8.3., Mo. 10.3. + Mi. 12.3. / 20:00
Sa. 15.3., Mo. 17.3. + Mi. 19.3. / 18:00
Fr. 14.3., So. 16.3. + Di. 18.3. / 20:30
Mi. 19.3. / 15:00
Albert Speer war Hitlers engste Vertrauter, war verantwortlich für zwölf Millionen Zwangsarbeiter und sollte als Chefarchitekt Berlin zur Welthauptstadt umgestalten. Trotzdem entging der ranghöchste Nazi in Nürnberg der Todesstrafe. Nach zwanzigjähriger Haft publizierte er seine Memoiren Erinnerungen: eine Verharmlosung seiner Taten und Beweggründe, die eine Millionen Mal verkauft wurde und von Hollywood nicht unbemerkt blieb. Vanessa Lapas Film führt uns ins Jahr 1971: Paramount Pictures plant, Speers Bestseller zu verfilmen und Speer will am Drehbuch mitwirken. Drehbuchautor Andrew Birkin führt monatelang Gespräche mit Speer, deren Tonaufzeichnungen Vanessa Lapa hier als Grundlage nutzt und Speers skrupellosen Versuch aufdeckt, seine Vergangenheit mit dem geplanten Film reinzuwaschen.
Im Rahmen der Ausstellung ›Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit‹ im Hafenmuseum Bremen.
Auf grausame Art beeindruckend ist die Geschichte um Albert Speer, die die Belgierin Vanessa Lapa durch ihren Dokumentarfilm greifbarer macht. Ihr filmisches Zeitdokument konstruierte die Journalistin ausschließlich mit Archivmaterial aus der NS-Zeit und Fotos bzw. dem Audiomaterial aus dem Jahr 1971, das neue Dimensionen infamer Selbstinszenierung klar spürbar werden lässt. Durch die Verwebung der verschiedenen Zeitebenen lässt der Film sein Publikum erschaudernd verfolgen, mit welch einer Finesse ein großer Verbrecher Jahrzehnte nach seiner Verurteilung weiterhin Märchen erzählte. (Bianca Jasmina Rauch, www.filmloewin.de)
Genau diesen Prozess, dieses Zurechtbiegen der eigenen Historie, macht Lapa in ihrem vor Ruhe berstenden Film sichtbar. […] Mit Entsetzen folgt man den Gesprächen, in denen sich Speer ganz offen gibt. »Es war Liebe auf den ersten Blick« sagt er über seine Beziehung zu Hitler. Und ebenso offen versucht der gebildete Nazi, der seinen Gast zu Wein und Essen einlädt, seine Weste mit dem im Entstehen begriffenen Film weiter reinzuwaschen.
Es hat etwas Monströses, wie unmonströs Speer im Film wirkt und mit wie viel Kalkül er an seiner Geschichte webt. (Jens Balkenborg, www.juedische-allgemeine.de)
Ich kann das Böse nicht mehr sehen

Do. 13.3. / 17:30mit Regisseur & Gespräch
Zum Jahrestag des ›Anschlusses‹ von Österreich an Deutschland zeigen wir Hannes Heers Film über das »Bellaria« in Wien, einen Tempel der NS-Unterhaltungskunst. Das »Bellaria« im Jahr1989 ist ein Kino, das aus der Zeit gefallen ist: Das Lichtspielhaus erlebte, wie Österreich von der Republik der 1920er Jahre zum reaktionären »Ständestaat« der 1930er Jahre wurde sowie von 1938 bis 1945 - als von der Mehrzahl der Österreicher begrüßte - Teil des »Deutschen Reichs« wurde. Die 60- und 70-Jährige Besucher*innen, die Hannes Heer 1989 dort antraf und befragte, waren im Kino, um Filme aus der Zeit Nazideutschlands zu schauen. Diese Menschen der Jahrgänge 1920 bis 1925 waren damals Kinogänger*innen in den besten Jahren gewesen – jung und mit der Zukunft vor sich. Die Nazizeit hatten sie als ihre beste Zeit erlebt. Wenn sie nun die damaligen Komödien, Liebesfilme, Melodramen oder Historienschinken anschauen, hieß das, dass sie immer wieder kurz in diese Zeit zurückkehrten, von der sie sich noch nicht wirklich verabschiedet hatten.
In Kooperation mit der Heinrich Böll-Stiftung Bremen und dem Evangelischen Bildungswerk Bremen
Das kostbarste aller Güter

Mo. 24.3. / 17:30
Di. 25.3. / 20:00
Do. 27.3. + Sa. 29.3. / 18:00
Di. 1.4. / 20:30
Mi. 2.4. / 15:00
Polen im Winter 1943. Eine Bäuerin findet ein Baby im Schnee. Das Kind wurde aus einem Zug geworfen, der nach Auschwitz fährt, von seinem Vater, der weiß, dass er und seine Familie in den sicheren Tod gebracht werden. Die Bäuerin nimmt das Mädchen auf - trotz der ärmlichen Verhältnisse, in denen sie lebt, und gegen den Willen ihres Mannes, der den Antisemitismus seiner Freunde zuerst teilt. Aber das Kind verändert die Menschen, die mit ihm in Berührung kommen. Bald jedoch wird das Umfeld des Ehepaares misstrauisch. Andere wiederum gehen große Risiken ein, um das Leben des Kindes zu schützen. „Das kostbarste aller Güter“ ist seit „Waltz with Bashir“ vor 16 Jahren der erste Animationsfilm, der im Wettbewerb von Cannes gezeigt worden ist.
Obwohl die Filme zum Holocaust so unzählig sind und man glaubt, alles dazu schon gesehen zu haben, findet hier ein Filmteam eine neue Erzählform, die überwältigt ohne im falschen Überwältigungsmodus zu agieren. … Mit DAS KOSTBARSTE ALLER GÜTER gelingt Michel Hazanavicius ein Märchen und Historiendrama gleichermaßen. Ein Film, der von einem der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Europas erzählt, in dem ein beispielloses Verbrechen gegen die Menschlichkeit geschehen konnte, weil Menschen es zugelassen haben. Und in dem die Güte und Menschlichkeit Einzelner sich immer wieder dagegengestellt haben. Eine bessere Mahnung an das, was gerade in Europa und der Welt passiert, kann es in filmischer Hinsicht nicht geben.
(FBW-Prädikat: besonders wertvoll)
Die stimmungsvollen Bilder, die oftmals an Graphic Novels erinnern, sind realistisch gehalten und tragen doch zu der besagten leicht märchenhaften Stimmung bei. Das Werk ist gerade auch hierzulande eine Bereicherung fürs Kino, um den nach wie vor vorherrschenden Vorurteilen gegenüber Animationsfilmen etwas entgegenzusetzen. Der erste Ausflug von Hazanavicius in dieses ungewohnte Terrain ist so gelungen, dass es hoffentlich nicht der letzte sein wird.
(Oliver Armknecht, www.film-rezensionen.de)
Das letzte Gefecht

Mi. 26.3. / 17:30mit Regisseur und Publikumsgespräch
Im März 1945 setzt ein als amerikanischer Bomber getarntes Flugzeug im Raum Aachen per Fallschirm ein sechsköpfiges Lynch-Kommando ab. Es sind Angehörige der Wehrmacht, der SS, der Polizei, der HJ und des BdM und ihr Ziel ist Franz Oppenhoff, Bürgermeister von Aachen, der ersten, seit Oktober 1944 befreiten deutschen Stadt. Sie ermorden ihn zuhause am Palmsonntag, dem 25. März 1945, wegen »Hochverrats«, entkommen unerkannt und retten sich am Rhein bei Leverkusen auf nazi-deutschen Boden. Gegen einige der Beteiligten kam es in den 1950er Jahren zu Gerichtsverfahren, die aufgrund der großzügigen Nachkriegsamnestien der neugegründeten Bundesrepublik letztlich mit Freisprüchen endeten.
Mitte der 1980er Jahre war es Regisseur Hannes Heer möglich, vier der am Mord an Oppenhoff Beteiligten zu interviewen. Nur ein einziger von ihnen bekannte sich zu seiner Schuld und äußerte den Wunsch, die in Aachen lebende Witwe Oppenhoffs um Vergebung zu bitten. Am 25.3.2025 jährt sich der 80. Todestag von Franz Oppenhoff.
In Kooperation mit der Heinrich Böll-Stiftung Bremen und dem Evangelischen Bildungswerk Bremen
Zehn Jahre nach dem Film machten zwei von Hannes Heer in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Instituts für Sozialforschung initiierte Wehrmachtsausstellungen die Verbrechen des deutschen Militärs in Osteuropa bekannt und entzog der Legende von der „sauberen Wehrmacht“ den Boden. (www.wikipedia,org)
Im Schatten der Träume

Do. 27.3., Sa. 29.3., Mo. 31.3. + Mi. 2.4. / 20:30
Fr. 28.3. + Di. 1.4. / 18:00
Lieder wie „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ oder „Davon geht die Welt nicht unter“ machten Zarah Leander 1942 musikalisch zum Weltstar. Auch 80 Jahre später sind diese Schlager noch vielen präsent. Sie stammen vom Komponisten Michael Jary und dem Texter Bruno Balz, die über 40 Jahre lang das erfolgreichste Duo des deutschsprachigen Schlagers und Kinos waren, heute jedoch vergessen sind. Die 250 Kinofilme, zu denen sie die Musik beisteuerten, reichen von eleganten Komödien der Weimarer Zeit über ambivalente Melodramen im Dritten Reich bis zu Filmen in den Wirtschaftswunderjahren. „Im Schatten der Träume“ erzählt das bewegte Leben der beiden Künstlerfreunde, dass selbst das Drehbuch für ein Melodram liefern könnte. Balz als schwuler Mann war ein Verfolgter des NS-Regimes und entging dem Konzentrationslager nur durch die Fürsprache von Jary. Er könne ohne seinen Texter die vom Propagandaministerium geforderten Lieder für den Film „Die große Liebe“ (1942) nicht liefern, so Jary.
Regisseur Martin Witz kombiniert Szenen aus bekannten Spielfilmen mit privaten Fotografien, seltenen Interviews und Erinnerungen von Zeitzeug*innen. Fachleute wie der Musikhistoriker und Unterhaltungskünstler Götz Alsmann erklären kenntnisreich und hintergründig die Entstehungsgeschichten der weltberühmten Lieder und Filme – und warum die Musik von Jary und Balz so verblüffend zeitlos ist.
„Warum ist Unterhaltung entweder schal oder funktioniert auch noch nach 50 Jahren?“, fragt er [Rainer Rother, Chef der Deutschen Kinemathek, Berlin] in den ersten Filmminuten. Die Dokumentation wird darauf eine Antwort suchen: nicht dogmatisch belehrend, sondern spielerisch tastend, neue Sichtweisen erkundend, mit vorurteilsbeladenen scheinbaren Gewissheiten aufräumend. […] Zudem gibt es einiges zu entdecken. Etwa die Travestie-Komödie Viktor und Viktoria (1933) von Reinhold Schünzel, anhand derer der Film erklärt, warum die Tonfilm-Operette wegen ihrer Frivolität eigentlich ein Feindbild der Nazis war, dann aber von Goebbels durchgewinkt und in seinem Sinne instrumentalisiert wurde. Wie in Viktor und Viktoria die Geschlechterrollen unterlaufen werden, ist heute noch amüsant und sehenswert. (Peter Gutting, www.kino-zeit.de)
Der Schweizer Regisseur Martin Witz kompiliert in „Im Schatten der Träume“ Filmausschnitte, historische Interviews und verknüpft sie mit heutigen Interpretationen der Balz/Jary-Kompositionen und Interviews etwa mit Musikern wie Götz Alsmann oder mit Historikern zu einer beeindruckenden wie unterhaltsamen Doppelbiografie. (Jürgen Bürgin, www.avisualzine.com)
Vergangene Veranstaltungen der Filmreihe:
Herr Zwilling und Frau Zuckermann
Czernowitz im Westen der Ukraine war einst Zentrum jüdischen Lebens in der Bukowina, einer Grenzlandschaft, die über die Jahrhunderte von zahlreichen kulturellen Einflüssen geprägt war. Die jüdische Bevölkerung machte zeitweilig die Hälfte der Einwohnerschaft aus, es überlebten jedoch nur wenige die Deportationen der Jahre 1941/42 in die Lager Transnistriens.
Im Mittelpunkt von Volker Koepps Film aus dem Jahr 1999 stehen Herr Zwilling und Frau Zuckermann, die zu den letzten, noch im alten Czernowitz geborenen Juden gehörten. Beide verbindet neben ihrer Freundschaft nicht zuletzt die deutsche Sprache. Täglich besucht der 70-jährige Herr Zwilling in den Abendstunden die 90-jährige Frau Zuckermann. Man spricht über frühere Zeiten, das gemeinsam Erlebte, über Politik und Literatur und die alltäglichen Sorgen. In den Lebensgeschichten dieser beiden Menschen steckt das Elend des 20. Jahrhunderts. Mit ihren Erinnerungen verknüpft Volker Koepp Episoden aus dem jüdischen Leben im Czernowitz aus den späten 1990er Jahren, als die Stadt nach dem Ende der Sowjetunion erstmals wieder ins europäische Bewusstsein trat.
Anknüpfend an die Filmveranstaltung in 2024 zum „vergessenen Holocaust“ in Transnistrien, in der sich Frau Zuckermanns Sohn Felix auf die Deportationsroute seiner Mutter begab, soll nun der Blick auf Czernowitz selbst gerichtet werden, das durch den russischen Angriffskrieg erneut bedroht ist.
Im Rahmen des Gedenkprogramms zum 27. Januar wird der Dokumentarfilm-Klassiker erneut auf der Leinwand in restaurierter Fassung zu sehen sein. In Kooperation mit der Forschungsstelle Osteuropa.
In einer Mischung aus Sarkasmus, Trotz und Abgeklärtheit erzählt die quirlige 90jährige von ihren traumatischen Erlebnissen und demonstriert unbändige Lebensneugier und Geistesgegenwart, wenn sie im vollen Bewusstsein, gefilmt zu werden, mit einem Seitenblick in die Kamera des neuen Bundeskanzlers wegen gratuliert. Es macht genau die Qualität der Herangehensweise von Koepp aus, dass er der charmanten, in ihrer Originalität umwerfenden Frau Zuckermann, aber auch dem verschlossen-mimosenhaften Herrn Zwilling in langen, oft statischen Einstellungen genug Zeit und Raum lässt, um Nähe und authentische Regungen zu ermöglichen, was seinen Film so leichtfüßig und beschwingt macht. Aber nicht zuletzt dank seinem kongenialen Kameramann Thomas Plenert gelingt es Koepp auch, die notwendige beobachtende Distanz zu wahren, um seine Protagonisten nicht der bloßen Schaulust preiszugeben. (Margarete Wach. www.filmdienst.de)
Volker Koepp ist im Juni 2024 80 Jahre alt geworden: "Herr Zwilling und Frau Zuckermann" zählt inzwischen zu den erfolgreichsten Dokumentarfilmen der letzten Jahre. Zahlreiche Preise auf internationalen Festivals, Nominierungen zum Deutschen Filmpreis 1999 in der Kategorie "Bester Film" und zum Europäischen Dokumentarfilmpreis. Nicht zuletzt die vielen Menschen, die in die Kinos strömten, um Koepps Geschichte von Herrn Zwilling und Frau Zuckermann zu sehen. (www.mdr.de)