Filmreihe Kirche & Kino
Freiheit und Veränderung - 500 Jahre Reformation in Bremen
1522 kam die Reformation nach Bremen: Heinrich von Zütphen hielt die erste reformatorische Predigt. 500 Jahre später fragen wir, was heute reformiert werden muss. Wo müssen und wo können wir unser Leben und unsere Welt ändern?
Zehn Bremerinnen und Bremer zeigen, an welcher Stelle sie sich für Freiheit und Veränderung einsetzen und welcher Film sie bei ihrem Engagement begleitet und gestärkt hat. In Kooperation mit dem Arbeitskreis Kirche & Kino Bremen.
Vogelfrei
Als eines Morgens die Leiche einer jungen Frau an einem Weinberg gefunden wird, ist die Ratlosigkeit zunächst groß. Wer war diese Person? Was hat sie zu diesem Schicksal gebracht? Inspiriert von einem echten Zeitungsartikel versucht Kult-Regisseurin Agnès Varda, die mögliche Geschichte der jungen Frau in Rückblenden und fiktiven Interviews zusammen zu puzzeln. Mona wollte ein selbstbestimmtes, freies Leben führen, ohne Dach über dem Kopf, mit der Straße und dem eigenen Herzen als Wegweiser. Darum ist es auch ganz allein ihr Wille zur Tat, als sie sich gegen Wohlstand, einen gesicherten Schlafplatz und die Eintönigkeit eines „normalen Lebens“ entscheidet – und mit nur wenigen Habseligkeiten loszieht. Im winterlichen Südfrankreich streicht Mona als Vagabundin durch die Gegend und ist der rauen Landschaft, den Menschen denen sie begegnet, und sich selbst beinahe schutzlos ausgeliefert.
Ihrem eigenen Stil treu bleibend führte Agnès Varda bei diesem Film nicht nur Regie, sondern war auch für den Schnitt und das Drehbuch verantwortlich. Letzteres entstand oftmals erst während der Dreharbeiten. „Vogelfrei“ wurde 1985 in Venedig mit dem Goldenen Löwen als Bester Film der Festspiele ausgezeichnet.
Katrin Hylla über ihre Filmauswahl:
„Agnès Vardas Film über eine junge Frau, die sich im Winter mit einem Zelt ausgerüstet durch den Süden Frankreichs schlägt, fängt vor allem die schroffen Seiten dessen ein, was sich nach einer romantischen Idee von Freiheit anhört: Einfach mal losziehen, ohne Ziel, ohne Plan, frei sein. Die Protagonistin (Sandrine Bonnaire) nimmt sich, was sie braucht, was sie will, wo immer sie es kann. Für ihre Freiheit setzt sie sich einer feindlich wirkenden Umgebung in einer überwiegend männlichen Welt aus, nimmt Gefahren und Risiken auf sich, um etwas loszuwerden, über das wir nur spekulieren können. Mich hat der Film trotz seines düsteren Endes (bzw. Anfangs) als junge Frau zu einem Trip per Autostop durch Frankreich inspiriert.“
VOGELFREI ist ein Film, der einen so schnell nicht losläßt, Mona beschäftigt einen weiter, sie ist radikal, ist nie Opfer, nie bedauernswert, doch ihr Tod hinterläßt ein schlechtes Gewissen. »Ich wollte einen bewegenden Film machen, der auch über einige Gedanken meditiert, wie den der Freiheit (dieses strapazierte Wort!) und der ein gut ausgedachtes Puzzle ist; bei dem aber einige Stücke fehlen.« (Agnes Varda) (Sabine Schröder, Filmfaust, 1986)
Agnès Varda erzählt mit starken Bildern und von atmosphärisch tragischer Musik flankiert die Geschichte der Mona Bergeron, die sich aus den Erinnerungen ihrer letzten Weggefährten ergibt. Vogelfrei […] gelingt es ohne Sentimentalitäten, in halb-dokumentarischem Stil und auf bewegende Weise, die Sehnsucht nach Freiheit und auch deren Preis anhand eines außergewöhnlichen Frauenschicksals auszuloten, das letztlich in einem Straßengraben endete. (Marie Anderson, Kino-Zeit)
Mit seiner Entscheidung honoriert der Ausschuss das Gelingen eines Films der unter Verwendung sehr origineller, fast neuartiger Stilelemente klug und durchdacht seine Geschichte erzählt, ohne geschwätzig oder sentimental zu werden. Das Drehbuch legt es darauf an, dem vogelfreien Mädchen das Geheimnis seiner Herkunft zu belassen, zugleich aber den Charakter aller anderen Menschen, die seiner extremen Form, die der extremen Form Situation seiner Protagonistin entspricht. (FBW-Prädikat: besonders wertvoll)
Kommende Filme dieser Reihe:
Down by Law

Di. 18.4. / 17:30vorgestellt von Bernhard Docke, Rechtsanwalt; moderiert von Dirk von Jutrczenka, forum Kirche
Drei Männer landen - unabhängig voneinander - in einer Gefängniszelle in New Orleans: Zack, ein arbeitsloser DJ, sitzt unschuldig wegen Mordes. Zuhälter Jack wurde von einem seiner Kumpel hereingelegt. Und Roberto, der italienische Immigrant, hat beim Billardspielen versehentlich jemanden mit einer Kugel umgebracht. Zack und Jack hassen sich auf Anhieb. Nur in einem sind sie sich einig: Sie können Roberto nicht ausstehen. Dessen naiver Optimismus und sein unterunterbrochenes Gerede in furchtbarem Englisch bringen sie aus der Ruhe. Doch gerade Roberto ist es, der per Zufall eine Fluchtmöglichkeit entdeckt. Da zögern Jack und Zack keine Sekunde und brechen zusammen mit ihm aus. Das Trio flieht in die Sümpfe von Louisiana, dicht gefolgt vom Sheriff mit seinem Suchtrupp.
Bernhard Docke über seine Filmauswahl:
„Ein witziges skurriles Märchen in sattem Schwarz-Weiß. Drei Typen, die auf engstem Raum in einer Gefängniszelle eingesperrt sind und die sich nicht ausstehen können, müssen für einen gemeinsamen Ausbruch zueinander finden. Auf der Flucht durch die Sümpfe Louisianas werden sie zu Freunden. Drei großartige Schauspieler (John Lurie, Tom Waits und Roberto Benigni), menschliche Wärme und viel Situationskomik.“
Bernhard Docke erhielt 2006 die Carl von Ossietzky-Medaille für sein Engagement für die Befreiung von Murat Kurnaz aus Guantanamo. Mehr über Bernhard Docke.
Am 22. Januar wurde Jim Jarmusch 70. Mehr über ihn hier
„»Down by Law« - »was immer das auch heißen mag«, so rätselte das US-Showblatt »Variety« - ist unvergleichbar mit dem herkömmlichen Erzählkino, unvergleichbar mit dem europäischen Autorenkino. »Down by Law« ist auch keiner der unabhängigen amerikanischen Spielfilme von der Art, wie sie etwa John Cassavetes gedreht hat.“ (DER SPIEGEL, Nov. 1986)
„Die Kamera von Robby Müller läßt sich Zeit, zieht die pragmatische Nüchternheit langer Einstellungen aufwendigen Bewegungen vor, beobachtet wie abwartend, oft aus einer leichten Untersicht, die Szene wie eine Bühne, auf der das Drama längst vorbei ist, ohne daß sich der Vorhang geschlossen hat. Eine Komödie ist dies vorerst nicht, eher ein Beckettsches Endspiel mit autistischen Figuren, die wie unter Hypnose in ihr Unheil wanken.“ (Klaus Kreimeier, www.filmzentrale.com)
Vergangene Filme dieser Reihe:
Kinder der Klimakrise – 4 Mädchen, 3 Kontinente, 1 Mission

Di. 14.2. / 18:00vorgestellt von: Dr. Yvette Gerner, Intendantin Radio Bremen: Moderation: Anja Wedig, AtriumKirche
Dass die menschengemachte Klimakrise eine der größten Gefahren für die Menschheit und unseren Planeten darstellt, ist in der Wissenschaft längst belegt, trotzdem ändert sich in der globalen Umweltpolitik kaum etwas. Besonders hart trifft dies die jüngsten Generationen, die sich mit einer Zukunft auf einem womöglich unbewohnbaren Planeten und der Tatenlosigkeit der Politik diesbezüglich konfrontiert sehen. Irja von Bernstorff begleitet in ihrem Dokumentarfilm vier Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren, die sich auf besondere und inspirierende Art und Weise in ihren Ländern gegen die Klimakrise engagieren. Fatou setzt sich in ihrem Heimatland Senegal gegen die enorme Wasserknappheit ein, während Sabyah sich gegen die Zerstörung der Korallenriffe vor der australischen Küste stark macht. In Indonesien kämpft Nina gegen die Plastik- und Müllberge, die in ganz Südostasien mittlerweile Realität sind und Gagan leistet Widerstand gegen die industrielle Landwirtschaft, die den Boden und die Luft im indischen Punjab zerstört.
Dr. Yvette Gerner: „Es gibt viele Punkte bei denen wir unser Leben und unsere Welt ändern müssen, eine der größten Fragen unserer Zeit ist aber zweifellos die Klimakrise. Letztes Jahr urteilte das Bundesverfassungsgericht: Es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden „unter vergleichsweise milder“ Reduktionslast große Teile des CO2-Budget zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde. Doch allzu oft bleiben wir angesichts der Komplexität der Probleme, eigener Interessen untätig oder agieren zu langsam. Die Heldinnen im Film „Kinder der Klimakrise“ sind aktiv, handeln, wo andere reden und problematisieren, sie kämpfen für den Schutz unseres Planeten. Mich haben die 4 tollen Mädchen, die die Welt verändern wollen, in der wir leben, begeistert.“
Mehr Infos zum Film: Themenschwerpunkt Klimaschutz - Wissen - SWR Kindernetz
Chinatown

Di. 17.1. /18:00Einführung: Axel Stiehler, Logbuchladen; Moderation: Ingeborg Mehser, Referentin, Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA)
Los Angeles 1937: Für Privatdetektiv Jake J. Gittes ist es Routine, als ihn Evelyn Mulwray bittet, ihren Mann zu beschatten. Hollis I. Mulwray, Chefingenieur der Wasserwerke, scheint fremd zu gehen. Tatsächlich gelingt es Gittes, ihn mit einer Blondine zu erwischen. Als die echte Evelyn Mulwray ihn wütend im Büro aufsucht, wird Gittes klar, dass er den Auftrag von einer Betrügerin bekam. Kurz darauf wird Hollis Mulwrays Leiche aus einem Trinkwasserkanal geborgen. Niemand stellt weitere Nachforschungen an - außer Gittes, der nicht an einen Unfall glaubt. Mulwray hatte herausgefunden, dass jede Nacht große Mengen des knappen Trinkwassers für L.A. ins Meer geleitet wurden, um aus dem Mangel noch mehr Profit zu schlagen. Zug um Zug enthüllt Gittes die Machenschaften eines geld- und machtgierigen, skrupellosen Mannes, dem eine ganze Stadt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist.
Roman Polanskis spannender Detektivfilm gehört zu den Klassikern des Genres. Nach „Rosemaries Baby" (1967) war es der zweite Film, den Roman Polanski in Hollywood drehte. „In „Chinatown" kam es endlich zur lang geplanten Zusammenarbeit von Polanski und Jack Nicholson, der die Rolle des verbohrt nach der Wahrheit suchenden Detektivs in all seiner stoischen Hartnäckigkeit perfekt verkörpert und damit endgültig zum Star wurde.“ (3sat.de).
„In »Chinatown« spielen zwei unterschiedliche Charaktere, die um ihre eigene Freiheit ringen. Zum einen Jake Gittes, gespielt von Jack Nicholson, der als Detektiv sich seine Unabhängigkeit bewahrt hat und lieber den Mund auf macht und sich Feinde schafft, statt mit dem Strom zu schwimmen. Er arbeitet zwar in einem Team, ist aber der geborene Einzelgänger oder zumindest zu einem solchen geworden, was wir nicht wissen, da wir trotz Anspielungen – ein klassischer Noir eben – nichts über die Vergangenheit unseres Helden erfahren. Zum anderen haben wir Evelyn Cross Mulwray, gespielt von Faye Dunaway auf dem Höhepunkt Ihrer Kunst (auch wenn sie erst zwei Jahre später für »Network« den Oscar bekam). Sie ist eine stolze, aber natürlich auch geheimnisvolle Frau, die versucht sich aus den Fängen ihres übermächtigen Vaters Noah Cross (gespielt von John Huston) zu befreien … „Chinatown“ ist vermutlich der Film, den ich in meinem Leben am häufigsten gesehen habe. Aber das liegt natürlich nicht nur an seinen Hauptcharakteren, sondern auch am großartigen Drehbuch von Robert Towne, der Regie von Roman Polański, am Setdesign, der Musik und den vielen Anspielungen in der Story. (Axel Stiehler, Logbuchladen, über „Chinatown“ von Roman Polanski)
„Chinatown" spielt zwar in einer weit zurückliegenden Zeit, deren Atmosphäre hier ungemein lebendig wird, aber der Bezug auf die Gegenwart mit vergleichbaren betrügerischen Manipulationen, Bodenspekulationen und Umweltzerstörungen ist unübersehbar. Einen erheblichen Anteil zu dieser Lebendigkeit trägt die herausragende Filmmusik von Jerry Goldsmith bei, mit ihrem wunderschön melancholisch komponierten Hauptthema. (rbb-online.de)
Macht und Ohnmacht, rohe Gewalt und die feinen menschlichen Zwischentöne liegen hier auf spektakuläre Weise eng beieinander, und diese Gegensätze auf jeder Ebene des Films lassen ein kraftvolles Meisterwerk mit soziopolitischem Hintergrund entstehen, das auf historische Begebenheiten des Los Angeles’ der 1930er Jahre referiert – ein zutiefst bewegender Film mit großer filmhistorischer Bedeutung, der auch bei heutiger Betrachtung nichts an seiner ambivalenten Wucht eingebüßt hat. (Marie Andersen, kino-zeit.de)
I, Daniel Blake

Di. 13.12. / 18:00mit Einführung von Joachim Barloschky; Moderation: Dirk von Jutrczenka.
Der Tischler Daniel Blake ist ein Durchschnittsengländer, der das Leben so nimmt, wie es kommt und sich mit Anstand durchschlägt. Sein ganzes Leben lang hat er Steuern gezahlt. Doch dann bringt ihn eine Krankheit in die Bredouille und er ist plötzlich auf staatliche Hilfe angewiesen. Aber der Staat will sie ihm nicht gewähren und schon bald findet er sich in einem bürokratischen Teufelskreis aus Zuständigkeiten und Anträgen wieder. Als er eines Tages auf dem Amt die alleinerziehende Mutter Katie und ihre Kinder Daisy und Dylan kennen-lernt, beschließen sie, gemeinsam den Behörden zu trotzen. Die bürokratischen Hindernisse des Sozialstaa-tes sind hoch. Doch trotz des Gefühls von wütender Ohnmacht sind Daniel und Katie fest entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Ausgezeichnet mit der Goldenen Palme als bester Film auf dem Filmfest in Cannes.
Joachim Barloschky, Aktivist und Ex-Quartiersmanager: „Mein Lieblings-, Pflicht- und Kür-Film ist I, DANIEL BLAKE von Ken Loach. Meine Geliebte und ich streiten nur darüber, ob der Film auch komödiantische Züge hat - hat er nur bedingt, eigentlich muss ich - schon sechs mal gesehen - immer weinen! Aber der Film ist notwendig für alle! Kein Mensch wird bereuen, ihn gesehen zu haben."
Unversöhnlich und mit bissigem Humor schildert Loach das britische Sozialhilfesystem als raffinierte Maschinerie von Ausgrenzung und Leistungskürzung. (Frank Arnold, epd-Film)
„Ich, Daniel Blake“ ist einer der besten Filme von Ken Loach – ein Drama der zärtlichen Verwüstung, das seine Geschichte mit einer ungeschönten neorealistischen Einfachheit erzählt, die geradewegs auf die direkte Reinheit von Vittorio De Sica zurückzuführen ist.« (Variety)
Keine Frage: "Ich, Daniel Blake" ist ein klassischer Ken-Loach-Film, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wie ungeschminkt er Klassenunterschiede aufzeigt, wie hartnäckig er den Underdogs immer wieder einen Namen gibt: Damit steht Ken Loach, ähnlich wie Daniel Blake, nach wie vor ziemlich allein da.« (Spiegel Online)
Kebire

Di. 8.11. / 18:00 mit Regisseur Mustafa Diyar Demirsoy und Protagonistin Kebire Yildiz, Moderation: Dirk von Jutrczenka
Kebire Yildiz, geboren in einem ostanatolischen Dorf, hat studiert und sich sowohl in der Türkei als auch in Deutschland vielfältig engagiert, vor allem in der Arbeit mit Geflüchteten. Von 2016 bis 2019 war sie Mitglied der Bremischen Bürgerschaft.
„Trotz aller negativen Bedingungen, Hindernisse und Ausgrenzung, trotz Traumata, Folter, Gewalt, lebenslanger Diskriminierung und Armut konnte Kebire ihr Leben mit positiver Energie füllen und mit anderen Menschen auf Augenhöhe und in Solidarität interagieren. Menschen, die am Rande dieser Gesellschaft leben, arm oder obdachlos, Frauen aus verschiedenen Ländern, Kulturen, Religionen. Ihnen bietet sie ein Gesicht, Respekt, eine Perspektive." (Regisseur Mustafa Diyar Demirsoy). Der Film läuft als internationale Vorpremiere.
Zur Sache, Schätzchen

Di. 11.10. / 18.00 vorgestellt von Edda Bosse, Präsidentin der Bremischen Evangelischen Kirche. Moderation: Louis-Ferdinand von Zobeltitz
Wäre da nicht sein Freund, der glücklose Schauspieler Henry, hätte der arbeitsscheue Martin seinen 25. Geburtstag wohl im Bett verbracht. Während er ziellos durch Schwabing treibt, lernt er die eigenwillige Barbara kennen. Die wirbelt sein lahmes Leben fröhlich durcheinander, doch trotz der schönen Zeit mit ihr ist Martin überzeugt: „Es wird böse enden.“ 1968 war der Film ein Erfolg an den Kinokassen.
Mit 26 Jahren präsentierte May Spils als erste deutsche Regisseurin der Nachkriegsgeneration dem Publikum 1968 eine Komödie, die frech den Zeitgeist traf und zum Kultfilm wurde.
Edda Bosse, Präsidentin der Bremischen Evangelischen Kirche, hat den Film als Jugendliche zusammen mit ihrer Großmutter gesehen und war davon beeindruckt, wie hier althergebrachte Ordnungen auf den Kopf gestellt werden.
Mehr zum Film, seinem Umfeld und die Folgen: http://zursacheschaetzchen.de/
Die Farbe des Horizonts

Di. 13.9. / 18.00 mit Gast: Hanna Helfmeier, Abiturientin und Seglerin
Tahiti 1983: US-Backpackerin Tami aus San Diego lässt sie sich durch die Welt treiben, wechselt von einem Ort und Job zum nächsten. Was als nächstes passieren wird, überlässt sie dem Schicksal, und das führt sie zu Richard, einem britischen Profi-Segler. Ein Traummann auf einer Trauminsel, alles ist perfekt. Bald hat das junge Paar auch einen lukrativen Auftrag an Land gezogen. Sie sollen die Luxusjacht eines Ehepaares von Tahiti nach San Diego überführen. Glücklich starten sie ins Abenteuer, doch unerwartet trifft sie 2000 Seemeilen vom Festland entfernt ein gewaltiger Hurrikan. Das Boot ist nur noch ein Wrack, Richard lebensgefährlich verletzt und Tami hat keinerlei Segelerfahrung.
„Die Farbe des Horizonts" beruht auf wahren Ereignissen, die Tami Oldham Ashcraft über ihren 41 Tage währenden Schiffbruch im Buch „Red Sky in Mourning: A True Story of Love, Loss and Survival at Sea" schrieb.
Eine Frau auf einem seeuntüchtigen Segelboot, mitten im Pazifischen Ozean, mit wenig Nahrung und Trinkwasser, dazu ein schwer verletzter Mann, den sie doch gerade erst kennen gelernt hat und keineswegs verlieren will – das ist jene Handlungsprämisse, die hier so große Angst und Beklemmung auslöst. […] Doch nach der Katastrophe des Hurrikans, in den Actionszenen atemberaubend und technisch perfekt inszeniert, geht es auch um die Rettung dieser Liebe, und das verstärkt die Tragik des Films noch. (Michael Ranze, programmkino.de)
Vergangene Filme des Arbeitskreises Kirche&Kino:
Filmreihe FASS MICH NICHT AN!
Im zweiten Jahr Corona haben sich die meisten daran gewöhnt, Abstand zu halten. Sich zur Begrüßung die Hände zu geben oder gar in den Arm zu nehmen, erscheint vielen wie eine Erinnerung aus vergangenen Zeiten. Müssen wir Berührung erst wieder lernen?
In der Filmreihe FASS MICH NICHT AN! geht es um Filme, in denen das Aushandeln von Nähe und Distanz, die Angst vor und der Wunsch nach Berührung eine Rolle spielen. Wo Menschen ihre Körperlichkeit erleben, kann auch das eine spirituelle Erfahrung sein.
Im August in Osage County

Di. 14.6. / 18:00 Einführung: Ingeborg Mehser
In der Einöde Oklahomas: Ein erfolgreicher, dem Alkohol verfallener Schriftsteller nimmt sich das Leben. Ehefrau Violet, schwer an Krebs erkrankt, bleibt verbittert zurück. Zur Beerdigung reist die Familie an: die drei Töchter Ivy, Barbara und Karen und deren Männer sowie Violets Schwester Mattie mit Ehemann Charles und dem erwachsenen Sohn Little Charles. Statt gemeinsam zu trauern und sich tröstend beizustehen, wird das Familientreffen zum Kriegsschauplatz, als Krisen, Lebenslügen und offene Rechnungen auf den Tisch gepackt werden.
Das furiose Familiendrama nach dem preisgekrönten Theaterstück von Tracy Letts, der auch das Drehbuch für den Film schrieb, seziert mit messerscharf formulierten Dialogen den Abgrund aus Boshaftigkeit, Misanthropie und Inzest in dieser Familie.
Meryl Streep spielt diese Bestie mit einer Lust am gnadenlosen Austeilen, die als Verbeugung vor Elizabeth Taylor gedacht ist. Und das passt in diesem Schmelztiegel aus Hass, Neid, Inzest, Pädophilie, Trennung, Drogenmissbrauch und dem verzweifelten Kampf um Anerkennung und ein bisschen Liebe in einer Familie, die mit dysfunktional noch freundlich umschrieben ist. (Kai Mimh, epd Film)
Letts schickt seinen zerbrechlichen Familienclan auf eine packende Reise. Er spart nicht an bitteren, meist laut ausgesprochenen Wahrheiten und leisen Zwischentönen, an emotionalen Ausbrüchen und tragikomischen Verwicklungen. […] Sein Film erkundet mit großer Lust die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle. Dabei erstaunt, wieviel Humor – wenn auch meist ein sehr schwarzer – sich hinter den vielen kleinen bis größeren Tragödien verbirgt. Er zeigt das andere Amerika, die unendliche Weite des Südens und Mittleren Westens, dessen raue Ödnis und Leere, die in den Sommermonaten von einer nicht selten erdrückenden Hitze ausgefüllt wird. (Markus Wessel, programmkino.de)
Goliath96

Di. 10.5. / 18:00 Einführung: Louis-Ferdinand von Zobeltitz
Kristin Dibelius kann nicht begreifen, warum sich ihr Sohn David seit zwei Jahren in seinem Zimmer einschließt. All ihre Bemühungen, zu ihm durchzudringen, sind gescheitert. Das Leben in der Dreizimmerwohnung ist zu einem gespenstischen Nebeneinander geworden, dessen Routine jäh erschüttert wird, als Kristin unerwartet ihre Stelle in der Bank verliert. Entschlossen macht sich die alleinerziehende Mutter nun daran, die Motive für Davids Verhalten zu ergründen. Zufällig erfährt sie von einer Freundin ihres Sohnes, dass er in einem Internetforum für Drachenbau aktiv ist. Kristin nimmt Kontakt zu David auf – inkognito. Nach einigem Zögern fasst David Vertrauen zu ihr. Euphorisch vor Glück übersieht Kristin, die mittlerweile fast alle sozialen Kontakte gekappt hat, um mit David zu chatten, dass ihr Sohn beginnt, sich in sie zu verlieben.
Mit „Goliath96“ gibt Regisseur Marcus Richardt, der mit Thomas Grabowsky auch das Drehuch geschrieben hat, sein Regiedebüt: „Goliath96 erzählt von Menschen, die verlernt haben, miteinander zu reden. Den Widerspruch zwischen permanenter Verfügbarkeit durch Kommunikation und gleichzeitiger Vereinsamung und Individualisierung finde ich spannend und erschreckend zugleich“, so der Regisseur.
Der Regisseur im ARD-Presseheft: „Vor einigen Jahren schien ein Mitglied meiner Familie mehr und mehr mit den Anforderungen seiner Außenwelt überfordert zu sein. Er zog sich immer weiter in sein Zimmer zurück, das er schließlich nur noch zur Nahrungsaufnahme und für existenzielle Notwendigkeiten und Bedürfnisse verließ. Das Internet wurde zum zentralen Lebensmittelpunkt (…) Durch Geduld, viele Gespräche und Zusammenhalt schafften wir es schließlich, dass er sich wieder aus der selbst gewählten Isolation löste. Doch was wäre passiert, wenn es den familiären Zusammenhalt nicht gegeben hätte? (filmportal.de)
„Goliath96“ ist ein Familiendrama der etwas anderen, unkonventionellen Art. Im Mittelpunkt dieses kammerspielartigen Films stehen lediglich zwei Personen, zwischen denen es praktisch im ganzen Film nicht zu einer richtigen Face-to-Face-Kommunikation kommt. Dieser Ansatz ist höchst interessant, zumal er damit auch einer gefährlichen Entwicklung unserer Zeit Rechnung trägt. Einem Phänomen, das durch die neuen Medien und die immer weiter voranschreitende Digitalisierung noch befeuert wird: dem sogenannten Hikikomori. Damit ist die vollständige soziale Isolation gemeint. (Björn Schneider, programmkino.de)
Die Hände meiner Mutter

Di. 5.4. / 18:00 mit Einführung von Dirk von Jutrczenka, Leitung forum Kirche
Markus ist Ende Dreißig, glücklich mit Monika verheiratet und Vater eines Sohnes, beruflich erfolgreich und finanziell abgesichert. Eigentlich alles ganz wunderbar, möchte man meinen. Doch zu seinen Geschwistern und Eltern hat Markus ein seltsam distanziertes Verhältnis. So richtig scheint niemand zu wissen warum. Auf einer Familienfeier wird Markus durch eine Situation mit seinem jungen Sohn plötzlich von heftigen Gefühlsregungen heimgesucht. Markus Welt gerät gänzlich aus den Fugen, als verdrängte Kindheitserinnerungen an den sexuellen Missbrauch durch seine Mutter hochkommen. Geschockt und von Trauma überwältigt, versucht Markus, seine Familie zu konfrontieren, doch die reagiert abwehrend. Die Eltern wollen nichts davon wissen, die Vergangenheit soll ruhen.
“DIE HÄNDE MEINER MUTTER ist eine überzeugende, beeindruckende und tief bewegende Auseinandersetzung mit einem schwierigen Thema. Ein wichtiger, kluger und reflektierter Film, der Mut machen kann, über solch ein Thema zu reden. Denn das Schlimmste, was man tun kann, ist schweigen.” (FBW-Prädikat: besonders wertvoll)
Die schmerzhaften Folgen dieses Traumas, die Auseinandersetzung mit dem Tabu und dessen Bearbeitung lotet der Film fast naturalistisch, aber nicht ohne (Galgen-)Humor und einige ungewöhnliche inszenatorische Kunstgriffe bis in letzte psychologische Winkel aus. Der überzeugende Hauptdarsteller trägt den Film mit seinem zurückgenommenen, sehr glaubwürdigen Spiel. (Julia Teichmann, Filmdienst)
„Die Hände meiner Mutter“ geht der Gefahr der Überdramatisierung konsequent aus dem Weg und macht gerade in seiner nüchternen Schilderung betroffen [...] Zudem hat sich Eichinger zu dem Wagnis entschieden, die langsam zurückkehrenden Erinnerungen ebenfalls mit Andreas Döhler in der Rolle des Kindes zu inszenieren, was zuerst einen entrückten, theaterhaften Eindruck erweckt. […] Die gespielten Erinnerungsszenen, die den eigentlichen Missbrauch ausblenden, zeigen so zugleich, welche Bedeutung die Übergriffe damals für das Kind gehabt haben mögen und welche Seelenpein der sich erinnernde Erwachsene auch Jahrzehnte später noch erleidet. (Ulf Lepelmeier, filmstarts)
Der Kuss der Spinnenfrau

Di. 15.3. / 18:00 mit Einführung von Hans-Martin Krauss, Schulpastor, Nebelthau-Gymnasium
Brasilien, in den 1970ern: Zwei ungleiche Männer sind gezwungen, sich eine Gefängniszelle zu teilen. Der linksradikale Journalist Valentin Arregui landete als politischer Gefangener hinter Gittern. Der homosexuelle Luis Molina wurde des Kindesmissbrauchs beschuldigt und soll nun, von der Polizei angestiftet, Valentin Informationen über seine Aktivitäten entlocken. Um dem elenden Alltag in der Zelle zu entfliehen, fantasiert Louis Fortsetzungsgeschichten, Liebesmelodramen voller Sehnsucht und Leidenschaft und erzählt sie Valentin, der gar nichts damit anfangen kann. Doch als die beiden miteinander ins Gespräch kommen, entwickelt Louis Gefühle für seinen Mitinsassen und ändert stillschweigend seinen Plan.
Die Geschichte des Films basiert auf dem Roman von Manuel Puig aus dem Jahr 1976. Regisseur Héctor Babencos Adaption wurde im brasilianischen São Paulo gedreht und mehrfach ausgezeichnet. Unter anderem gewann William Hurt den Oscar als Bester Hauptdarsteller.
Ein mitreißendes Melodram über Freundschaft, Liebe, Solidarität und Verrät und zugleich eine Ode an die Phantasie, die Gefängnismauern einzureißen versteht. (Kino-Zeit)
Babencos Meisterwerk ist ein Spiel mit Grenzen (Mann/Frau, Innen/Außen, Diesseits/Jenseits, Film/Wirklichkeit) und deren Auflösung. (Text: Filmarchiv Austria)
"Kiss of the Spider Woman" tells one of those rare and entrancing stories where one thing seems to happen while another thing is really happening. There are passages in the movie that seem to be absolutely self-contained, and then a word or gesture will reveal that they have depths we can only guess. By the end of the film, what started out as a contest between two opposite personalities has expanded into a choice between two completely different attitudes toward life. And the choice is not sexual, although for a long time it seems so. It is between freedom and slavery. (Roger Ebert)
Rhythm Is It!
Di. 8.2. / 18:00 mit Einführung von Ingeborg Mehser
250 Kinder und Jugendliche tanzen zu Strawinskys Le Sacre du Printemps in einer alten Halle im Industriehafen Berlins. Das Projekt der Berliner Philharmoniker holte im Jahr 2003 Kinder aus den sozialen Brennpunkten, damit sie die Kraft klassischer Musik und gemeinsamer Bewegung erfahren können. Dabei ist Marie, die damit hadert, ihren Hauptschulabschluss zu machen; und Martin, der große Probleme mit Vertrauen hat und lieber auf Distanz zu seinen Mitmenschen bleibt. Und dann ist da noch Olayinka, der erst vor kurzem als Kriegswaise aus Nigeria nach Deutschland kam.
Choreograph Royston Maldoom und Sir Simon Rattle, der musikalische Leiter, teilen viele Erfahrungen der Jugendlichen. Für sie war die Entdeckung der Musik und der Künste ein entscheidender Punkt auf der Suche nach Zugehörigkeit und Selbstbestimmtheit. Dieses heilende Moment der Musik wollen sie an die Gruppe weiter vermitteln. 2005 erhielt “Rhythm Is It!” den Deutschen Filmpreis für den besten Dokumentarfilm.
Der Film "Rhythm is it!" begeistert total - und man kann erst mal gar nicht beschreiben, woher die Begeisterung rührt, weil sie so viele Farben und Schichten hat, weil sie sich als Thema, Geste und Grundenergie des Film zeigt. (Rainer Gamsera, SZ)
Den Filmemachern Grube und Lansch ist mit ihrem Film nicht nur ein überzeugendes Plädoyer dafür gelungen, was praktische musische Erziehung leisten kann. Durch den dramaturgisch gezielten Einsatz der Strawinsky-Musik gewinnt der Film eine ganz besondere Dynamik, die spürbar macht, wie die Jugendlichen immer weiter vom Sog des engagierten Education-Projekts mitgerissen werden und ihre anfängliche Abneigung gegen die für sie sperrige und befremdliche Musik verlieren. (Stefanie Zobl, Kinofenster)
Eine Reise in sich selbst und zu den eigenen Potenzialen, wie sie tiefgreifender und aufrüttelnder nicht sein könnte. Und ein deutliches Signal dafür, welche Auswirkungen solche Initiativen haben können. (Kino-Zeit)
Körper und Seele

Di. 18.1. / 18:00 mit Einführung von Ingeborg Mehser
Márias Leben wird von Zahlen, Regeln und immer gleichen Verhaltensmustern bestimmt. An ihrem Arbeitsplatz, einem Schlachthaus in Budapest, isoliert sie sich beim Mittagessen bewusst von den Kolleg:innen. Auch Endre, Márias Vorgesetzter, hat Schwierigkeiten, sich anderen Menschen gegenüber zu öffnen. Als die beiden ihre Gemeinsamkeiten erkennen, kommen sie sich vorsichtig näher und erkennen schnell, dass sie wie für einander geschaffen zu sein scheinen. Eine tiefe Seelenverwandtschaft verbindet Endre und Mária, die nachts sogar die gleichen Träume haben.
„Zärtlich, aber auch mit hintergründigem Humor erzählt Ildikó Enyedi von der Begegnung zweier Menschen, die zunächst jeder für sich und dann miteinander die Welt der Gefühle und des körperlichen Begehrens entdecken.” (Gewinner des Goldenen Bären der Berlinale 2017)
Eine Demonstration der Erzählkunst des europäischen Independentkinos. (Bernd Haasis, Stuttgarter Zeitung)
Zärtlich, poetisch, berührend, dann wieder krass, kühl, schmerzhaft – „Körper und Seele“ ist eine vielfältig widersprüchliche und gerade deshalb so spannend-berührende Liebesgeschichte. (Christoph Petersen, filmstarts)
In „Körper und Seele“, ihrem großartigen Kino-Comeback nach fast 20 Jahren, gelingt ihr ein Kammerspiel im Schlachthaus, das noch einen Rest von postsozialistischer Tristesse ausstrahlt. Die Beobachtung der Arbeitswelt ist dokumentarisch präzise. Trotzdem erscheint das Szenario nie kalt und distanziert. Mit Spiegelungen, Schattenspielen und peripheren Blicken scheinen die Bilder ein geheimes Eigenleben zu führen (…). Dank phantasievoller szenischer Erfindungen gelingt der ungarischen Regisseurin ein betörend schönes Werk, das buchstäblich den Traum entfesselt. (Manfred Riepe, epd-film)
Die anonymen Romantiker

Di. 14.12. / 18:00 mit Einführung von Louis-Ferdinand von Zobeltitz
Jean René und Angélique wären wie füreinander geschaffen, doch sie wissen nichts voneinander. Beide haben eine innige Leidenschaft für Schokolade, beide leiden heimlich an Formen von Hypersensibilität. Pralinenexpertin Angéliques ist so schüchtern, dass sie manchmal einfach in Ohnmacht fällt. Nun sucht sie Hilfe bei einer Selbsthilfegruppe namens „Anonyme Romantiker“. Jean René dagegen - Schokoladenfabrikant in langer Familientradition - gerät in sozialen Situationen schnell in Panik. Um damit nicht weiterhin seine Kund*innen zu verunsichern, versucht er es mit einer Therapie. Als die beiden aufeinander treffen, funkt es sogleich. Doch wie sollen sie sich unter den gegebenen Umständen näher kommen?
Regisseur Jean-Pierre Améris wurde als selbst hoch emotionale Person und durch seine Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen zur Handlung inspiriert.
Im kleinen Universum des Jean-Pierre Améris kann das, was im wahren Leben quälend und unerträglich ist, einen besonderen Charme entfalten. Eine Frau, die beim kleinsten emotionalen Aufruhr in Ohnmacht fällt, und ein Mann, der bei geringster Bedrängnis in Schweißausbrüche verfällt, werden da zu den Helden einer zärtlichen Liebeskomödie, in der sich ihre Unzulänglichkeiten auf wundersame Weise in Qualitäten verwandeln. (Anke Sterneborg, Sueddeutsche)
Die zarteste Versuchung seit es Schokoladen-Kino gibt. (Sandra Zistl, Focus)
Süßer als Vollmilch: "Die anonymen Romantiker" ist berechnend und routiniert auf die maximale Serotonin-Ausschüttung hin konzipiert. Das Leben in diesem Film ist so weichgezeichnet, dass man die Kinoleinwand mit einer Milchglasscheibe verwechseln könnte. Und das einzig Radikale an diesem Film ist seine Wirkung: Entweder macht er glücklich oder zum Zyniker, dazwischen kann es keine Reaktion geben. Jeder Fehler, jedes Missgeschick kann gar nicht anders als liebenswert sein. Und vor allem verlässt sich der Film auf ein leicht durchschaubares, aber immer wirksames Gesetz: Je weiter die Figuren neben der Spur stehen, desto tiefer schließt man sie ins Herz. (Maren Keller, Spiegel)
The Shape of Water

Di. 23.11. / 18:00 mit Einführung von Heinz-Martin Krauß
USA, 1962: die stumme Elisa Esposito arbeitet während des Kalten Krieges als Putzfrau in einem Hochsicherheitslabor, als sie eine unglaubliche Entdeckung macht. Colonel Strickland hält dort ein mysteriöses Wasserwesen gefangen, um es unter strengen Geheimhaltungsregeln zu erforschen. Die gewalttätigen Experimente sollen den amerikanischen Wissenschaftlern unter anderem dabei helfen, das Rennen um die Mondlandung zu gewinnen. Bereits bei ihrer ersten Begegnung fühlt sich Elisa zu dem seltsamen Amphibienmann hingezogen und fängt an ihn regelmäßig heimlich zu besuchen. Schnell kommen die beiden sich näher und Elisa fasst einen folgenreichen Entschluss: Sie will ihn aus dem Labor befreien. Gemeinsam mit ihrem Nachbarn Giles gelingt es Elisa, dem Amphibienmann zur Flucht zu verhelfen. Doch das Militär ist ihnen dicht auf den Fersen.
Gewinner des Goldenen Löwen / Filmfestival Venedig; 2 Golden Globes u.a. beste Regie.
Poesie schlägt Zynismus: Mit diesem magischen Märchen über Außenseiter, die Arroganz der Macht und die Kraft der Liebe eroberte Guillermo del Toro das Festival von Venedig im Sturm. […] Grandios erzählt, virtuos bebildert sowie exzellent gespielt: [...] Ein perfekt geschliffenes Juwel der Filmkunst mit viel Gefühl und eindrucksvoller Haltung. (Dieter Oßwald, Programmkino)
The Shape of Water ist eine in umwerfenden Farbnuancen und prächtigen Bildern inszenierte Alien-Burleske, deren altmodisches, nach Simplizität sehnendes Flair ebenso berührt wie ihr romantischer Humanismus. (Andreas Borcholte, SPIEGEL ONLINE)
Touch me not

Di. 12.10. / 18:00 mit Einführung von Dirk von Jutrczenka
Welche Vorstellungen von Intimität prägen unser Zusammensein? Welche Rolle spielt körperliche Nähe dabei? Ohne zu werten begleitet »Touch Me Not« drei Personen bei der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Sexualität. Bestehende Perspektiven werden hinterfragt, körperliche Tabus gebrochen und neue Sichtweisen von Nähe und Intimität eröffnet. Fiktion und Realität verweben sich durchgehend. Neben klassischen Interviewsituationen, zeigt der Film seine Protagonist*innen auch bei Workshops zur Körperwahrnehmung, mit Callboys und in BDSM-Swingerclubs. Im Fokus stehen hier immer die Sehnsucht nach körperlicher Nähe sowie die Unfähigkeit dazu. »Selten hat ein mit dem Goldenen Bären auf der Berlinale ausgezeichnetes Werk derart emotionale und kontroverse Reaktionen hervorgerufen.«
TOUCH ME NOT ist nicht einfach ein Film. Es ist eine Erfahrung. Und eine so intime und so tiefgründige, dass man das Kino entweder frühzeitig verlässt, weil man die Macht dieser Intimität nicht ertragen kann, oder man bleibt bis zum Ende auf die Gefahr hin, dass man das Werk und die Fragen, die es sich stellt, noch lange mit sich herumtragen wird und diese vielleicht sogar ganz fundamentale Änderungen nach sich ziehen. (Vollständige Kritik / Kino-Zeit)
Ein Film, der die Synapsen seiner Zuschauer neu verdrahtet. [...] Anfangs verstört er seine Zuschauer - nur, um sie dann umso mehr zu berühren. [...] Hat auf der Berlinale zurecht den Goldenen Bären gewonnen. (Vollständige Kritik / SZ)
Inhaltlich mutiges Kino, das einen im besten Sinne berührt. (Vollständige Kritik / Spiegel Online)
Body of Truth

Di. 14.9. / 18:00 mit Einführung von Diemut Meyer
Wenn uns alles genommen wird, was bleibt uns dann noch? Filmemacherin Evelyn Schels porträtiert vier Künstlerinnen, die ihren Körper als Werkzeug ins Zentrum ihres Schaffens stellen. Sei es Marina Abramovićs extreme Performances, Sigalit Landaus` Installationen, Katharina Sieverdings Fotographien oder die Film- und Fotokunst von Shirin Neshat. Sie alle zeigen auf unterschiedliche Art und Weise, wie die Themen Körper, Politik, Gesellschaft und Kunst miteinander verwoben sind. Alle vier Künstlerinnen wurden durch ihre persönlichen Erfahrungen mit Krieg, Gewalt und staatlicher Repression politisiert. Bis heute sind diese biographischen Einflüsse in ihrer Kunst sichtbar.
Filmemacherin Schels, bekannt für eindringliche Porträts von Künstlerinnen und Künstlern, darunter Georg Baselitz, Man Ray oder Pola Kinski, enthält sich - wie in ihren Filmen üblich - eines eigenen Kommentars und schafft so Raum für sehr persönliche Lebens- und Arbeitszeugnisse ihrer Protagonistinnen. Unerbittlich sanft, so scheint es, verführt die Interviewerin ihre Alphatiere zur Selbstdarstellung, sichtbar werden fühlbare Wesen hinter den öffentlichen Personen, seien sie vulkanisch wie Abramović, kontrolliert wie Sieverding, verzaubernd wie Neshat oder offen verletzlich wie Landau. Die Zusammenführung der vier weiblichen Kunstkonzepte, die den Körper oder das Gesicht in den Mittelpunkt stellen, zeigt, wie unterschiedlich eine Ikonografie des Schmerzes aussehen kann. (Bettina Musall, SPIEGEL ONLINE)
Ohne eine der Künstlerinnenbiographien voll auszuerzählen, schafft es der Film Neugier zu wecken und durch die kleinen Beobachtungen des Alltages und der Arbeit an ihren aktuellen Werken, einen Einblick in die Lebensrealität dieser vier Frauen zu gewähren. (Bianca Jasmina Rauch, Kino Zeit)