Flickertunes widmet sich den Kombinationsmöglichkeiten von Film und (Live-)Musik. Musiker*innen aus dem In- und Ausland schreiben neue Soundtracks, improvisieren, remixen, demixen oder erfinden neue klangliche Formen, um mit Film in Dialog zu treten. Stummfilm, Avantgarde-, Animations- oder Dokumentarfilm in Kombination mit Elektronik, Pop oder experimentellen Klängen – alles ist hier möglich.

Flickertunes ist eine Kooperation des City 46 mit REM - Rapid Ear Movement, eine Konzertreihe der projektgruppe neue musik

Blank Screen

Filmszenen-Audio-Collage aus Dialogen, Geräuschen und Filmmusik, 45 Min.

Schweigen sei das Wesen des Films, war sich Charlie Chaplin sicher. Bild und Ton haben eigentlich keine direkte Beziehung zueinander, schreibt Michel Chion. „Was wir hören, ist das, wofür wir keine Zeit zum Sehen hatten." Die Bedeutung des Filmtons, seine angebliche Auf- oder Abwertung der Bildsprache, seine Bevormundung des Publikums - all das sind Kritikpunkte, die bis heute diskutiert und von Filmemacher*innen von Godard bis Tarantino in ihren Filmen aufgegriffen werden. Das Thema taugt als Studienschwerpunkt für Filmwissenschaftler*innen, fokussiert aber meistens das Bild. Denn was wäre Kino ohne Bild?
„Flickertunes“ sammelt seit Jahren Filmszenen, die auch ohne das Bild funktionieren, für das sie geschaffen wurden. Vielleicht sogar besser. In jedem Fall anders. Entstanden ist eine Audio-Collage aus Dialogen, Geräuschen und Filmmusik, die im Surround-Sound im Kino erklingen. Der Vorhang öffnet sich aber kein Bild erscheint: pures Kopfkino.

Gefördert von der Waldemar Koch Stiftung

Bildcredit / Copyright: Johannes Eichwede & Jan van Hasselt

Vergangene Filme in dieser Reihe:

Sowjetmacht plus Elektrifizierung

Live-Performance + Filmscreening: Les Soviets plus l'électricité - F 2001, Regie: Nicolas Rey, 170 Min., 16 mm, OmU

1999 reist der französische Filmemacher Nicolas Rey von Paris über Moskau bis nach Magadan in Sibirien. Magadan wurde ursprünglich von Strafarbeitern aufbaut. Er belichtet auf seiner Reise abgelaufenes Super 8-Material und macht Tonaufnahmen mit einem alten Cassettenrekorder. Rey entwickelt die Filme selber von Hand und montiert sie mit seinen Audioaufnahmen zu einem fast dreistündigen Reisebericht durch das geografische Russland. Als guter Experimentalfilmer verwirft er die Idee als Kitsch, Ton und Bild zu synchronisieren, ebenso, wie er das Beharren eines schlechten Tons auf gelungenem Bild (und umgekehrt) als Pfusch abtut. Ton und Bild treffen sich hier nur an wenigen Stellen. Nicolas Rey: „Es entsteht fast eine fiktive Geschichte. Das sind die seltenen Momente auf einer Reise, in denen es einem gelingt, bei sich selbst zu sein und die Distanz zu überwinden, die uns vom Fremden trennt."
2003 entdeckt der Leipziger Künstler Michael Barthel den Film und er wird ihn die nächsten zwanzig Jahre nie mehr ganz loslassen. Für Flickertunes entwickelt er eine Komposition, mit der er direkt auf den Film von Nicolas Rey reagiert. Der Film wird im Anschluss an Michael Barthels Konzert als 16mm-Kopie gezeigt.
„Aus heutiger Sicht bündelt der Film, wie ich seit 2009 ausschließlich arbeite. Vor allem die Tonästhetik des Films ist meinen Sprech- und Klangstücken stark verwandt: die eigene Stimme, aufgenommen und collagiert auf rauschige, verzerrende und leiernde Diktiergeräte.“ – Michael Barthel

Nicolas Rey, Regisseur: Der Zuschauer vollendet den Film, der Betrachter das Bild, und das ist nichts Neues. 
Warum ihm also nicht einen Großteil der Arbeit anvertrauen? Umso besser, wenn das den Film irritierend macht, wenn er damit 'Unordnung stiftet', wie man so sagt. Vom Zeitpunkt der Abreise an fordert mein Film vom Zuschauer, mit mir bis zum Ende der Welt zu fahren.
Das ist viel verlangt: Immerhin weiß man nicht, was kommt. Ich bin mir dessen bewusst und will wohl glauben, dass mehr als einer sich davon abschrecken lassen wird. Aber diejenigen, die das Spiel des Films mitspielen wollen, die Hartnäckigsten, werden durch Wahrnehmungen belohnt, die, so hoffe ich, neu für sie sind. Dafür werden keine wirklichen Vorkenntnisse vorausgesetzt, sondern nur der Wunsch, seine Augen und Ohren ohne jegliche Vorurteile zu benutzen. (Arsenal Berlin)

Während der Film sich im Prozess seiner Herstellung selbst ins Leben ruft und bei jeder Projektion neu erfindet, scheint er aber auch seinen eigenen Tod und seinen Verfall in sich zu tragen. Das ist eine seltsame und zugleich völlig einleuchtende Mischung von einer ganz realen Fragilität. (Boris Lehman, Arsenal Berlin)

Weitere Infos:

Michael Barthel, geboren 1977, ist aufgewachsen in Ost-Berlin und lebt seit 2002 in Leipzig. Er arbeitet seit 1994 als Autodidakt in den Bereichen Experimentelle Lyrik und Lo-Fi Noise.

Nicolas Rey wurde 1968 geboren. Sein Name ist kein Pseudonym (im Gegensatz zu dem des berühmten amerikanischen Regisseurs), und er ist auch nicht der Sohn des französischen Experimentalfilmers Georges Rey. Seit 1993 macht Nicolas Rey Filme, die zwischen Photographie, Dokumentär- und dem Experimentalfilm operieren. Zugleich ist er Mitbegründer und Mitarbeiter der kollektiven Filmwerkstatt 'L'Abominable‘.

Bildcredit / Copyright: Rolf Schoellkopf

La Passion de Jeanne d'Arc

Die Passion der Jungfrau von Orléans - F 1928, Regie: Carl Theodor Dreyer, mit Maria Falconetti, 110 Min.

Frankreich 1428: Der hundertjährige Krieg hält die Bevölkerung in Atem. Das fromme Bauernmädchen Jeanne d’arc fühlt sich von Gott berufen, ihre Heimat von den englischen Besetzern zu befreien. Doch sie fällt in die Hände des Feindes und muss sich in einem quälenden Ketzerei-Prozess er Kirche verteidigen. 1431 wird sie zum Tode verurteilt und in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Regisseur Dreyer orientierte sich in seiner Inszenierung genau an den überlieferten Prozessakten. Seine außergewöhnlich emotionalen Nahaufnahmen von Maria Falconetti schrieben Filmgeschichte.

Eintrittspreise: 12 € / 9 € / 7,50 €

Eine Veranstaltung von 46RPMFlickertunes & REM - Rapid Ear Movement in Kooperation mit dem Institut Français Bremen und dem Golden Shop Bremen.

Lori Goldston
Lori Goldston ist eine klassisch ausgebildete Cellistin, Komponistin, Improvisatorin, Produzentin, Autorin und Dozentin aus Seattle. Ihr außergewöhnlicher Sound am Cello, ob mit Verstärker oder akustisch, ist voll und originell. Als unermüdliche Forscherin bewegt sich ihre Arbeit frei über die Grenzen von Genre, Disziplin, Zeit und Geografie hinweg. Am prominentesten ist sicherlich Goldstons Mitwirken bei NIRVANAs legendärem MTV Unplugged in New York Konzert. Später begleitete sie die Band auch noch live zu ihrem letzten Album „In Utero“ durch die USA und Europa. Zudem war sie festes Mitglied der Band EARTH und hat unter anderem mit Aidan Baker, Cat Power, Embryo, Kimya Dawson, Your Heart Breaks, Mirah, Dylan Carlson und vielen weiteren Musiker*innen zusammengearbeitet.

Trailer-Video Lori Goldston


Lori Goldston | © KellyO

Der Film ist kein Historiengemälde, keine Chronik der Ereignisse, kein Passionsspiel, sondern die distanzierte Beschreibung eines Glaubenskampfes, bei dem Blicke, Gesten und Körperhaltungen die innere Anspannung aller Beteiligten ausdrücken. Ein trotz seiner analytischen Struktur bewegender Film, der bei der Uraufführung 1928 in Paris Proteste der katholischen Kirche auslöste. (Filmdienst

"Die Passion der Jungfrau von Orléans" gilt nicht nur als Meisterwerk des einflussreichen dänischen Regisseurs, sondern auch als einer der bemerkenswertesten Filme des Kinos. Zuletzt wurde Dreyers "Jungfrau" auf dem "Toronto International Filmfestival" vor zwei Jahren auf Platz 1 der einflussreichsten Filme aller Zeiten gewählt. [...] Dreyers Film ist eine Symphonie der Gesichter: "Nichts in der Welt ist dem menschlichen Gesicht vergleichbar", schrieb Dreyer, "es ist ein Land, dass zu erforschen man niemals müde wird. Die Mimik ist die Seele des Gesichts. Sie ist wichtiger als das Wort. Oft können wir den Charakter eines Menschen in all seinen Schattierungen aus einem einzigen Stirnrunzeln, einem Augenzwinkern lesen. Die Mimik ist der ursprüngliche Ausdruck psychischer Vorgänge, und sie ist älter als das Wort."[...] Überwältigend auch der Auftritt Maria Falconettis, damals eine kaum bekannte Theaterschauspielerin, die den Film mit ihrer ungeschminkten mimischen Kunst Seele und Kraft gab. (Jochen Kürten, Deutsche Welle)

Die Versuche des Naum Kotik

D 2021, Regie: Kärma Burg, 92 Min., OmU

„Die Versuche des Naum Kotik" dokumentiert die Bemühungen von Naum Kotik jr., ein Drehbuch seines Großvaters zu verfilmen. Filmemacher Kärma Burg begleitete ihn dafür zehn Jahre lang in Odessa, Berlin und Zernikow. 
Naum Genrikhovich Kotik senior wird am 26. Oktober 1876 in Odessa geboren. Er studiert und promoviert in Berlin. Anschließend praktiziert Dr. Kotik in Odessa als Kinderarzt und Internist. Sein Hauptinteresse gilt jedoch dem Phänomen der Gehirnstrahlung, dass er ehrgeizig und mit wissenschaftlichen Methoden untersuchte. Nach 1916 verliert sich jede Spur von Dr. Naum Kotik. Vermutlich verschwindet er in den Wirren der Oktoberrevolution. 
Viele Jahre später nimmt sein Enkel, Naum Kotik jr., die Forschungsarbeiten seines Großvaters wieder auf. Er versucht, dessen Erkenntnisse in den Bereich des Films zu übertragen. Hauptanliegen von Kotik jr. ist, ein Drehbuch seines Großvaters namens „Mädchen in schmutzigen Schürzen" zu verfilmen.

Ein Film von Kärma Burg im Auftrag von Column One.

Flickertunes fühlt sich geehrt, im City 46 die erste Kinovorführung des Films in Anwesenheit von Naum Kotik Jr. zu veranstalten. Dazu laden wir alle Interessierten in den dunklen Salon des Kinos ein, wo Naum Kotik jr. persönlich in das Werk seines Großvaters einführen wird. Um angemessene dunkle Abend-Garderobe wird gebeten.

Why Frets?

A 2020-21, Regie: Marko Ciciliani, ca. 60 Min.

1833 erfand die britische Weberin und Amateuringenieurin Sieglinde Stern den ersten elektromagnetischen Tonabnehmer und damit das erste elektrisch verstärkte Saiteninstrument. Hundert Jahre später führte dies zur Produktion der E-Gitarre, die zu einem der beliebtesten Instrumente der westlichen Musikgeschichte und einem Symbol für Männlichkeit wurde. Aber weitere hundert Jahre später schert sich niemand mehr um dieses Instrument!
Diese angebliche Geschichte der E-Gitarre, erzählt aus der Perspektive eines Menschen, der im Jahr 2083 lebt, steht im Mittelpunkt von Marko Cicilianis „Why Frets?“. In Bremen erzählt er sie über zwei Werke: als Multimedia-Konzert, in dem er live mit Gitarrist*innen auf der Leinwand zusammenspielt, und als Lecture-Performance. Ciciliani konstruierte diese Geschichte durch „speculative fabulation“ – eine bewusste Neuerfindung der Vergangenheit, um eine Vision für die Zukunft zu formulieren. Spekulatives Fabulieren beginnt mit der Untersuchung der Bedingungen, die unsere Gesellschaft zu ihrem heutigen Zustand geführt haben, und entwirft von da aus alternative Szenarien. Oder in Donna Haraways Worten: „Die offene Zukunft beruht auf einer neuen Vergangenheit.“

Flickertunes ist eine Kooperation von rem - rapid ear movement und City 46 / Kommunalkino Bremen e.V.

Why Frets? wurde gefördert von: SKE Fond, Land Steiermark, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Kulturförderung der Stadt Graz und ChampdAction, Antwerpen

John Wiese - Stille ist brauchbar

Filmprogramm und Live-Set von John Wiese

This dilemma of putting video clips together was, at the time, just something that my brain found so illogical. You can't go from this frame directly into that frame - it can't be done. Of course it can, but according my artistic intentions, it just can't. I still use a lot blank space between things, which have a voice of their own. Silence is useful. (John Wiese in einem Interview mit C. Spencer Yeh)


John Wiese gehört zu den aktivsten und einflussreichsten Experimentalmusikern der USA. Er erhielt internationale Stipendien und veröffentlichte weit über 100 LPs, CDs und Tapes. Seit einigen Jahren arbeitet Wiese auch mit Film. Ihn interessiert vor allem, welchen Stellenwert der Sound in verschiedenen Filmgenres einnimmt. "Visuelle Stille" also Passagen, in denen der Film einfach schwarz bleibt, ist für ihn ein wichtiges Mittel, um nicht einfach Bild an Bild zu reihen und um Film-Sound eine andere Bedeutung zu verleihen. 
John Wiese präsentiert seine Filme ausschließlich persönlich. Sie laufen weder auf Festivals noch sind sie als DVD oder Stream verfügbar. Für Flickertunes stellt er eines seiner in Deutschland raren Programme zusammen, in denen sich Live-Performance und Filmscreenings so abwechseln, wie er es sich für seine Arbeit wünscht. Neben kurzen Video-Stücken und einer quadrophonen Liveperformance zeigt er bei Flickertunes die längere Videoarbeit Radio Nepal von 2020 als Europapremiere. Eine klangliche Erkundung des Wiederaufbaus von Nepal nach dem verheerenden Erdbeben 2015.

Materiale incomodo

Experimentalfilme, live vertont vom Musiker-Duo Incomodo

Zu zwei experimentellen Kurzfilmen von Bill Morrison und Peter Tscherkassky improvisieren die Musiker Mattia Bonafini und Christian Rosales Fonseca mit E-Gitarre und Synthesizer neue Musiken. Das Duo nennt sich Incomodo - unbequem. Tscherkassky sowie Morrison arbeiten beide mit Found Footage und der Materialität des Filmmaterials. Morrison setzt dabei die Historizität des Filmmaterials frei. Er zeigt die Auflösungsprozesse in 100 Jahre altem Film, bearbeitet das Material chemisch und schafft so eine ganz eigene, neue Ästhetik. Tscherkassky arbeitet ebenfalls mit gefundenem Film-Material, das er von Hand umkopiert und in Mehrfachbelichtungen ungewöhnliche bis hypnotische Bildkompositionen herstellt.

Mehr übet das Musikduo "Incomodo", bestehend aus Mattia Bonafini (Synthesizer) und Christian Rosales (E-Gitarre).

Gruppierungen

Premiere, live vertont von Seppo Gründler & Robert Lepenik (Graz)

Für „Gruppierungen“ bauen die GrazerKünstler Seppo Gründler und Robert Lepenik eine Collage aus menschenleeren Szenen –teils neu gedreht, teils Found Footage –die sie nach musikalischen Gesichtspunkten montieren. Anschließend entsteht die Musik –nach filmischen Kriterien. So entstehen filmisch rationale bis irrationale Ordnungen und Gruppierungen und werden auf Grund der Versuchsergebnisse musikalisch abgebildet.Der Fokus liegt bei der Beobachtung bekannter Dramaturgien im schnellen Wechsel der Räume, welcher eine Art Paralleldramaturgiezum klanglichen Geschehen herstellt.
Der filmisch musikalische Dialog wurde eigens für die Vorstellung in Bremen von Seppo Gründler & Robert Lepenik (Graz) produziert und feiert bei Flickertunes seine Premiere. Flickertunes ist ein Kooperationsprojekt von City 46 und REM - Rapid Ear Movement

Mehr zu Robert Lepenik findet sich auf http://robert.lepenik.at/

Die Muschel und der Kleriker

F 1928, Regie: Germaine Dulac, nach einem Drehbuch von Antonin Artaud, mit Alex Allin, Lucien Bataille, Genica Athanasiou, 38 Min.

Ein junger Priester verfällt seinem Begehren nach einer eigentlich unerreichbaren Frau, die zugleich von einem mit Orden dekorierten Offizier umworben wird. Der Priester kann zwar den Kampf um ihre Gunst für sich entscheiden, muss aber, von unerfüllter Sehnsucht, Kastrationsangst und Zerstörungswut zerrissen, schließlich an seinen Seelenkonflikten scheitern.
Die Muschel und der Kleriker gilt als erster surrealistischer Film der Filmgeschichte. Die Französin Germaine Dulac hatte ihn bereits ein Jahr vor dem berühmteren Chien Andalou ihrer männlichen Kollegen Buñuel und Dalí produziert und gedreht. Germaine Dulac inszeniert den Film als bildgewaltigen Experimentalfilm voller Doppelbelichtungen und surreal anmutender Bildideen, die sich als unterdrückte sexuelle Gefühle oder ödipale Zerrissenheit deuten lassen.

Die Musik zu Die Muschel und der Kleriker kommt von dem Bremer Duo Troum. Wie der Name schon andeutet, interessieren sich Troum für vorbewusste Zustände mit dem Anspruch, ihr Publikum in hypnotische Sphären zu versetzen. Für ihre "Tiefenmusik" bzw. transzendentalen Drone-Sounds nutzen "Glit(s)cH" and "Baraka[H]" weder Synthesizer noch Computer, sondern Gitarre, Akkordeon, Flöte, Gongs und andere Klangquellen, die sie live aufnehmen, zu Loops verarbeiten und in Schichten arrangieren. (Troum)

Das Drehbuch schrieb Antonin Artaud, der sich aber mit Dulac über deren Interpretation seines Buches zerstritt. Er warf Dulac, die sich damals im Kreise der Surrealisten bewegte, vor, den Film gänzlich in die Sphäre des Traumes verlegt und ihn überdies „feminisiert" zu haben. Ein Umstand der andernorts auf gegenteilige Reaktionen stieß. Dulacs Erweiterung der Sehgewohnheiten des noch jungen Mediums Film wurde besonders bei Psychiatern und Psychologen auf großes Interesse, für die der Film nach seinem Erscheinen in Amsterdam gleich drei Mal exklusiv vorgeführt wurde. Entsprechend wundert es wenig, dass Die Muschel und der Kleriker bis heute vor allem psychoanalytisch gedeutet wird. (leokino.at)

„Germaine Dulac (1882-1942) ist eine der wenigen Theoretikerinnen des Avantgardefilms, die den Film als eine visuelle Symphonie begreift und ihn auf seine wesentlichen Elemente zurückführen will: Bewegung, Rhythmus und Montage.” (Yvonne Spielmann in : 100 Jahre Frauen & Kino)

Maya Deren

USA 1943, Meshes of the Afternoon; USA 1944, At Land + Livemusik

Den Auftakt macht der Hamburger Experimentalmusiker David Wallraf, der zwei Kurzfilme von Maya Deren vertonen wird. Meshes of the Afternoon von 1943 entstand als Kooperation mit Derens damaligem Ehe-Mann Alexander Hackenschmied. Der Film wurde auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes mit dem Grand Prix International für 16-mm-Experimentalfilme ausgezeichnet. Maya Deren bedient sich surrealistischer Stilmittel zur Darstellung psychischer Probleme und ist in Form und Symbolik stark von Bunuels Andalusischem Hund beeinflusst. At Land von 1944 beschäftigt sich mit der Gefahr des Verlusts der eigenen Identität. Der Komponist John Cage und der Filmkritiker Alexander Hammid treten in dem Film auf.
Maya Derens Filme werden ergänzt von zwei Spoken Word Performances der besonderen Art des kanadischen Dichters pbNichol (1944-1988) von 1978.

David Wallraf forscht zur Theorie und Praxis von Noise. Aktuelle Veröffentlichungen: Grenzen des Hörens – Noise und die Akustik des Politischen (Buch, Transcript Verlag) & Subsongs (Tape, Econore). Hauptbeschäftigung Hörbarmachung des Unhörbaren: die verdrängte, marginale und unheimliche Akustik des Alltags so laut wie möglich machen. Mehr über David Wallraff hier und auch hier.

Mehr über Maya Deren (* 29. April 1917 in Kiew, Ukraine; † 13. Oktober 1961 in New York City), die US-amerikanische Avantgarde-Regisseurin, Tänzerin, Voodoo-Expertin und Filmtheoretikerin der 1940er und 1950er Jahre.

MAYA DEREN FORUM
Special dedication for the 100 Year Anniversary of the Birth of Maya Deren, 1917-2017