Nicht erst seit Oktober 2023 sind die Diskussionen um den Nahost Konflikt verhärtet und polarisiert: Der jahrzehntelange Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern hat mit dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilist*innen und dem bis jetzt andauernden Krieg Israels in Gaza mit über 38.000 getöteten Menschen einen brutalen Höhepunkt erreicht. Die Bilder, die uns täglich aus Gaza erreichen, lassen uns mit Schrecken und Ratlosigkeit zurück. Doch was wissen wir eigentlich über Gaza und die Menschen dort? 

Unsere Filmreihe „Verlorene Jugend in Gaza“ soll einen Blick zurück auf die Zeit vor den Krieg werfen und dabei besonders den Alltag von Jugendlichen beleuchten. Die Filme ‚Gaza Surf Club‘ und ‚Erasmus in Gaza‘ beleuchten Stile und Formen der Bewegungs- und Jugendkultur in Gaza sowie Erfahrungen eines jungen Europäers in Gaza. Den Abschluss der Filmreihe bildet ‚War and Justice‘. Hier geht es um das Völkerrecht und Gerechtigkeit, vertreten durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Der Krieg Israels in Gaza hat mittlerweile die gesamte Infrastruktur, Kulturgeschichte und Architektur zerstört, die Internationale Gemeinschaft wird beim Wiederaufbau nach Beendigung des Krieges helfen und unterstützen müssen. Politik und humanitäre NGO‘s sind erneut gefordert. Die Filmreihe mit begleitenden Gesprächen zeigt die globalen Zusammenhänge zwischen einem regionalen Konflikt und den universellen Menschenrechten auf. (Text: Ivesa Luebben, Anette Klasing)

Gezeigt werden die Filme: 
Gaza Surf Club, Di. 1.10. / 17:30mit Mickey Yamine, Produzent
Erasmus in Gaza, Di., 5.11. / 17:30mit Einführung von Prof. Dr. Wesam Amr, Dekan der Fakultät für Kommunikation und Sprachen der Universität Gaza
War & Justice, Dezember 2024 (tba)mit Gast: Bernhard Docke, Rechtsanwalt

Hier geht es zum Flyer der Filmreihe: Jugend in Gaza - (Über)Leben und Zukunft

Für den Inhalt dieser Publiktion ist allein die Arbeitsgemeinschaft Entwicklungspolitik und Menschenrechte e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.

In Kooperation mit dem biz Bremen, Der Schwelle und dem Arbeitskreis Nahost. Gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL mit Mitteln des BMZ.

War & Justice

D 2023, Regie: Marcus Vetter, Michele Gentile, 88 Min., OmU

Der 2003 gegründete „Internationalen Strafgerichtshofs“ (ICC) in Den Haag ist die Rechtsinstanz, die Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit international verfolgt. Die großen Weltmächte wie China, Russland, Indien und die USA erkennen den ICC als globalen Gerichtshof jedoch nicht an. Marcus Vetter und Michele Gentile haben Luis Moreno-Ocampo, den ersten Chefankläger des ICC, auf seinen weltweiten Reisen begleitet. Gemeinsam mit Karim Khan, dem aktuellen Chefankläger, kämpft er seit Jahren gegen die Kriegsverbrechen in Kongo, Libyen, Palästina und der Ukraine. Der Film wirft die grundlegende Frage auf, ob es möglich ist, Kriegsverbrechen während eines aktuellen Konflikts zu verhindern. Durch die nachvollziehbaren Darstellungen des komplexen juristischen Verfahrens wird deutlich, wie außerordentlich schwierig das ist.


Aktuell:
Im Mai 2024 beantragte Karim Khan, Chefankläger des ICC, einen Haftbefehl gegen Hamas-Führer sowie führende israelische Politiker. Trotz Kritik westlicher Politiker erklärte Khan, die Kriegsverbrechen auf allen Seiten zu verfolgen.

Der Dokumentarfilm erzählt die 25-jährige Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in seiner Mission, die schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beenden.
Obwohl der ICC von den Vereinten Nationen anerkannt wird und 123 Mitgliedsstaaten zählt, wurde er von China, Indien, Russland und den Vereinigten Staaten noch immer nicht akzeptiert. Doch können so Kriegsverbrechen überhaupt verhindert werden? Und wird es jemals Gerechtigkeit für die Opfer geben? Oder hatte Ben Ferencz – ehemaliger Ankläger bei den Nürnberger Prozessen und einer der Hauptprotagonisten des Films – Recht, als er sagte: „Das größte Kriegsverbrechen ist der Krieg selbst“? (www.letsdok.de)

„War and Justice“ ist ein hochaktueller Dokumentarfilm von großer Informationskraft, der die juristischen Schwierigkeiten, einen Angriffskrieg vor Gericht zu bringen, in allen Details akribisch ausleuchtet. (Alexandra Wach, www.filmdienst.de)

Vergangene Filme dieser Reihe:

Erasmus in Gaza

S 2021, Regie: Chiara Avesani, Matteo Delbò, 88 Min., OmU

Riccardo hat etwas vor, dass vor ihm noch niemand gewagt hat. Der Medizinstudent aus Italien will mit dem Erasmus-Programm nach Gaza, weil er denkt, dass er dort am richtigen Platz ist. Er möchte Chirurg für Kriegstraumata werden und darüber seine Doktorarbeit schreiben. Also tauscht Riccardo das friedliche Leben an der heimatlichen Universität in Italien gegen das Leben im Gazastreifen, das seit Jahrzehnten mit den Raketenangriffen zwischen Israel und Palästina lebt. Seine Ankunft bei der Islamischen Universität wird in den Medien groß gefeiert, doch Riccardo ringt mit dem Gefühl der Fremde und hat bei den Angriffen Panikattacken. Aber er lernt Menschen kennen, die zu Freunden werden, mit denen er gemeinsam Raketenangriffe abwartet und hofft, verschont zu werden. Was für ihn kaum zu ertragen ist, ist für seine Freunde seit Jahren Alltag. Während Riccardo jederzeit in die Sicherheit seiner Heimat flüchten kann, dürfen seine Freunde Gaza nicht verlassen.

Gaza Surf Club

D 2016, Drehbuch, Regie: Philip Gnadt, Mickey Yamine, 87 Min., engl., arab. OmU

Der Gazastreifen ist ein schmaler Küstenstreifen zwischen Israel und Ägypten mit einem Hafen, in dem keine Schiffe mehr anlegen und einem Flughafen, der nicht mehr angeflogen wird. Kaum jemand kommt heraus, fast nichts und niemand kommt hinein. Die junge Generation, die in Gaza zwischen Israel und Ägypten gefangen ist und von der Hamas regiert wird, zieht es zu den Stränden. Sie hat genug von Besetzung, Krieg und religiösem Fanatismus und ihre ganz eigene Art des Protests gefunden: Surfen. Mit ihren Surfbrettern schaffen sich die Surfer ein kleines Stück Freiheit, zwischen dem Strand und der von den Israelis kontrollierten Sechs-Meilen-Grenze. Freiheit, die ihnen keiner nehmen kann. Surfbretter dürfen nicht importiert werden und eisern hütet der Fischer Mohammed Abu Jayab in seiner die Bretter, die es trotzdem gibt, und gibt Surfunterreicht. Gegenüber den Anfängen in den 1980er Jahren, als auf Holzbrettern und Schrankwänden gesurft wurde, wirkt alles sehr professionell.
Die einzige Frau in der männlichen Surferszene ist die junge Sabah, die als Kind von ihrem Vater wie all ihre Geschwister das Surfen beigebracht bekommen hat. Als junge Frau darf sie aber nicht mehr öffentlich surfen gehen. So genießt Sabah die seltenen Momente, in denen ihr Vater mit ihr aufs Meer hinausfährt und sie auf dem Surfbrett mit dem Boot hinterherzieht.

In seinem Debütfilm begleitet Regisseur Philip Gnadt eine Gruppe Jugendlicher, die versucht, sich innerhalb der sehr schweren Lebensumstände ein Stück Normalität aufzubauen. Als Zuschauer spürt man, dass all die Leichtigkeit, die die Jungs bei ihren Unterhaltungen an den Tag legen, immer nur versuchen kann, über die stete Angst, die über der Stadt liegt, hinwegzutäuschen. (Jurybgegründung FBW-Prädikat wertvoll: www.fbw-filmbewertung.com)

Die politisch brisante Lage im Gazastreifen dient als Kontext, steht aber genauso wenig im Fokus wie die Surfszenen selbst, die nicht in hyperaktiven GoPro-Aufnahmen, sondern ganz gediegen daherkommen. Das eigentliche Thema der Doku ist der Alltag im Gazastreifen, den die Filmemacher mit ästhetischen Weitwinkelaufnahmen von Ruinen und Sandhügeln greifbar machen. (Christian Horn, www.programmkino.de)