Der 8. Bremer Filmpreis der Kunst- und Kultur-Stiftung der Sparkasse Bremen für besondere Verdienste um den europäischen Film geht an den britischen Regisseur Ken Loach.

Ken Loach, geboren 1936 in Nuneaton in der englischen Grafschaft Warwickshire, studierte Jura an der Elite-Uni Oxford, um dann aber als Schauspieler mit einem Tourneetheater auf Reise zu gehen. Nach einem weiteren Abstecher in die Theaterregie beginnt Loach ab 1963 seine Ausbildung zum Regisseur bei der BBC. Gemeinsam mit dem Produzent Tony Garnett, der bis Ende der 70er Jahre fast alle seiner Filme produzierte, entwickelte er für die Reihe Wednesday Play zahlreiche Fernsehfilme, die durch ihren dunklen, erbarmungslosen Realismus auffielen. Mit seinem erschütternden, fürs Fernsehen inszenierten Doku-Drama Cathy Come Home provozierte Ken Loach 1966 eine so vehemente Diskussion in der Öffentlichkeit, dass die britische Regierung schließlich ihre Obdachlosen-Gesetze änderte. Parallel zu den Arbeiten für die BBC drehte Loach 1967 mit Poor Cow seinen ersten Kinospielfilm, der ihm selber im Ergebnis jedoch nicht sehr gefiel. Erst mit seinem zweiten Kinofilm Kes, der lyrischen und kompromisslosen Darstellung des harten Alltags eines Jugendlichen in Yorkshire (1969, Produzent Tony Garnett) gelang Loach der Durchbruch bei Kritikern und Publikum. Sein Anliegen, die Realität auf so spür- und berührbare Weise einzufangen, dass es auch die Zuschauer erreicht und möglicherweise in Bewegung setzt, hat Loach seitdem über Jahrzehnte meistens erfolgreich umsetzen können. Seine Filme sind intensiv, entlarvend, spannend, romantisch und humorvoll und zeigen sein großes Interesse für die Menschen, die trotz Niederlagen und sozialer Missstände für ihre Ziele eintreten - ohne Garantie auf ein Happy End.

Berühmt unter Schauspielern ist er auch für seine improvisierte Arbeitsweise: Ein fertiges Drehbuch bekommen die Darsteller nie zu sehen und die Dialoge für die jeweiligen Szenen auch immer erst kurz vor dem Dreharbeiten. Ken Loach ist seit 1962 mit Lesley Ashton verheiratet und Vater von zwei Söhnen und zwei Töchtern. (Stand 2006)

Aktualisierte Informationen finden sich bei Wikipedia, IMDb und Sense of Cinema.

 

Begründung der Jury

Der diesjährige Bremer Filmpreis geht an den britischen Regisseur Ken Loach. Für seinen undogmatischen Humanismus. Für Filme, in denen der einzelne manchmal verzweifelt, manchmal gewitzt für bessere Arbeitsbedingungen, politische Rechte, ein bisschen Geld oder für eine unmöglich erscheinende Liebe eintritt. Mit geradezu dokumentarischer Genauigkeit folgt Loach seinen mit sich und dem Leben ringenden Leinwandhelden, ihrem Kampf, der immer auch ein Kampf um Würde ist. Seit vier Jahrzehnten steht der britische Regisseur konsequent für seine Überzeugungen ein, schon früh hat er die ganz konkreten menschlichen Folgen der Globalisierung auf die Leinwand gebracht. Angesichts von wirtschaftlichen Umbrüchen und neoliberalen Reformen ist sein sanft aufrüttelndes Kino, das stets den Menschen in den Mittelpunkt stellt, wichtiger denn je.
 

Die Jury

Katja Nicodemus, Filmkritikerin Die Zeit
Hans-Helmut Prinzler, Leiter des Filmmuseums Berlin
Andres Veiel, Filmemacher
 

Laudatio

Christiane Peitz, Kulturredakteurin, Tagesspiegel Berlin

 

Die Preistüte wurde gestaltet von Elke Prieß.