Der 13. Bremer Filmpreis der Kunst- und Kultur- Stiftung der Sparkasse Bremen für Verdienste um den europäischen Film geht an den spanischen Filmmusikkomponisten Alberto Iglesias.

»Wir Musiker haben weder Gesicht noch Körper« hat Alberto Iglesias einmal in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung El País anlässlich seiner zweiten Oscarnominierung (Drachenläufer) gesagt. Mittlerweile hat der baskische Komponist aber mit Sicherheit einen Namen. Alberto Iglesias Fernández-Berridi wurde 1955 in San Sebastián, im Norden Spaniens geboren. Er studierte Klavier, Harmonie und Kontrapunkt in San Sebastián, später dann Komposition und Piano bei Francis Schwartz in Paris hat er studiert und elektroakustische Komposition bei Gabriel Brncic in Barcelona.

1980 entstand bereits seine erste Filmmusikkomposition für Paisaje von M. Armendáriz. Von 1981 bis 1986 komponierte und interpretierte er elektronische Musik in einem Duo mit Javier Navarrete. Mittlerweile hat Iglesias über 30 Soundtracks komponiert, sowohl für das spanische Kino als auch für internationale Produktionen. Seine Arbeit wurde durch Kompositionen für die international anerkannten spanischen Regisseure Julio Médem (Das Rote Eichhörnchen, Tierra, Lucía und der Sex) und Pedro Almodóvar (Alles über meine Mutter, Sprich mit ihr, Zerrissene Umarmungen) bekannt. Er komponierte ebenfalls für Icíar Bollaín (Öffne meine Augen), Bigas Luna (Das Zimmermädchen der Titanik) und Carlos Saura (¡Dispara!).

Mit seiner Komposition für John Malkovichs Der Obrist und die Tänzerin (2002) debütierte Iglesias international, im Jahr darauf folgte dann Oliver Stones Comandante (2003). Mit der Musik für Der Ewige Gärtner (2005) von Fernando Meirelles schaffte er endgültig den internationalen Durchbruch, der ihm neben dem Music France Award auch Nominierungen für den Satellite Award, den BAFTA und den Oscar einspielte. Die Komposition für Drachenläufer (2007) von Marc Forster wurde unter anderem auch für den Oscar nominiert.

Neben seiner Arbeit für den Film hat Alberto Iglesias für den Choreographen Nacho Duarte und die spanische »National Dance Company« verschiedene Ballettstücke geschrieben: Tabulae (1994), Cero sobre Cero (1995), Self (1997)). Auch hat er diverse andere Musikstücke komponiert, zuletzt Cuarteto Breve (2010), ein Stück für ein Streicherquartett, zur Feier des 40jährigen Bestehens des Tokyo String Quartett.

Alberto Iglesias lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Madrid im Stadtteil Torrelodones. Am Rande der spanischen Hauptstadt findet er in seinem schallgedämpften Studio, dass sich im Souterrain seines Hauses befindet, die nötige Ruhe für seine Arbeit. Seine Kompositionen verfasst er seit 20 Jahren auf dem gleichen Klavier. Er habe schon überlegt sich ein Piano zu kaufen, sich aber nicht von seinem Klavier trennen können: »Es klingt wie aus der Ferne, es ist ein zurückhaltendes Klavier, sehr leise, denn ich mag es nicht, wenn man mir beim Arbeiten zuhört.« Gerade konzipiert Alberto Iglesias die Musik für Almodóvars La piel que habito, der dieses noch Jahr in die Kinos kommt (Stand 2011)

Aktuelle Informationen finden sich bei Wikipedia

 

Begründung der Jury

Mit Alberto Iglesias hat das europäische, aber insbesondere das spanische Kino eine unverwechselbare musikalische Stimme bekommen. Als Komponist aller Filme von Julio Médem und zahlreicher Filme von Pedro Almodóvar, aber auch von Icíar Bollaín und Bigas Luna drückt er dem neuen spanischen Film einen unvergleichlichen Stempel auf. Durch seine Mitwirkung hat er wesentlich dazu beigetragen, dass die Filme Almodóvars zu Weltgeltung gelangten. Almodóvar selbst bezeichnet die Musik Iglesias’ als das »kraftvolle und originelle musikalische Rückgrat«. Was das bedeutet, lässt sich in Filmen wie »Hable con ella«, »Volver« oder »La mala educación« erfahren, deren melodramatischer Kern von Iglesias Kompositionen gekonnt gerahmt wird. Iglesias studierte Musik und Komposition in San Sebastian, Paris und Barcelona und begann als Komponist und Interpret elektronischer Musik, ehe er für eine Installation seines Bruders das Sounddesign schuf und für dessen kurze Experimentalfilme die Musik komponierte. Seine Kompositionen, auch für Filme außerhalb Spaniens und Europas, zeichnen sich durch große Sensibilität und die Fähigkeit aus, einer visuellen Form auf der akustischen Ebene Atmosphäre zu verleihen. Dabei gelingt es ihm, musikalische Elemente aus den Schauplätzen der Filme aufzugreifen und mit seinem eigenen Stil zu einer unverwechselbaren Melange zu verbinden – sei es Afghanistan, Kenia, Bolivien oder Spanien. Seine Arbeiten sind hoch gelobt: als einziger Komponist erhielt er zwei Mal den europäischen Filmpreis, er ist »Komponist des Jahres 2006« beim »World Soundtrack Award« und war zweimal zum »Oscar« nominiert. Mit Alberto Iglesias erhält eine überragende Figur des europäischen Kinos den 13. Bremer Filmpreis der Kunst- und Kultur-Stiftung der Sparkasse Bremen.
 

Die Jury

Cristina Nord, Filmredakteurin und Dozentin, Berlin
Pepe Danquart, Filmemacher, Berlin
Dr. Rainer Rother, Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek, Museum für Film und Fernsehen, Berlin

 

Die Preistüte wurde gestaltet von Patricia Lambertus.

 

Die Preisverleihung im Bremer Rathaus am 20. Januar 2011

Der Auftakt der Preisverleihung gelang mit dem musikalischen Überraschungsgast Ara Malikian. Der spanische Violinist und Konzertmeister des Sinfonie-Orchesters Madrid hat unter anderem für Almodóvars »Hable con ella« mit Alberto Iglesias zusammengearbeitet und ist einzig für die Preisverleihung an seinen Freund nach Bremen gereist – was bis dahin vor Iglesias geheim gehalten wurde. Der Preisträger zeigte sich gerührt von der Liebe zum Film und der Aufmerksamkeit für seine Musik, die während der Preisverleihung und vor allem auch in der Laudatio von Horst Peter Koll, Chefredakteur des filmdienst, deutlich wurden. »Filmmusik ist nicht zum Überhören da« konstatierte dieser. Und weiter: »Die für Iglesias so typischen Stilmittel – kammermusikalische Strenge, fast konzertante Streichersätze und vielschichtige Ernsthaftigkeit der Emotionen – finden ein kongeniales Gegenstück in Almodóvars skurrilem, bittersüßen Blick hinter die Fassaden der Realität.« Seit seiner langjährigen Zusammenarbeit mit dem spanischen Regisseur habe sich Iglesias auch auf viele weitere spannende Wege begeben: »[…] sein Klangspektrum ausdrucksstark erweitert und ›Weltmusikalisches‹ komponiert: ethisch-dramatische Musiken für außerspanische Filme, aber abseits breit getrampelter Hollywood-Pfade.« Thomas Fürst, Vorstandsmitglied der Bremer Sparkasse, überreichte den Preis – die so genannte »Bremer Wundertüte« – in diesem Jahr von der Bremer Künstlerin Patricia Lambertus gestaltet. Von der sehr persönlichen Preisverleihung beeindruckt bedankte sich der schüchterne Spanier mit einem ehrlichen und kurzen Dankeschön. Dass es ihm tatsächlich gefallen hat, kann man seinem Eintrag in das Gästebuch des Kino 46 entnehmen: »Thank you my friends. Now here, in your city, your beautiful city, I only want to say how grateful I am for your generosity. I feel that I’m a lucky man and I will remember you in my life and in my music.«