Der 11. Bremer Filmpreis der Kunst- und Kultur-Stiftung der Sparkasse Bremen für besondere Verdienste um den europäischen Film geht an die deutsche Schauspielerin Nina Hoss.

Nina Hoss wurde am 7. Juli 1975 in Stuttgart geboren. Ihre Mutter, die Schauspielerin und Regisseurin Heidemarie Rohweder (†2014), leitete 1993-1998 als Intendantin die Württembergische Landesbühne in Esslingen. Der Vater Willy Hoss († 2003) war Daimler-Betriebsratsvorsitzender, zunächst Kommunist, dann Bundestagsabgeordneter (1983-1990) der GRÜNEN und später Entwicklungshilfe-Projektmanager in Brasilien. Bereits im Alter von sieben Jahren wirkte Nina Hoss in Hörspielen mit. Als Jugendliche bekam Hoss, die damals Opernsängerin werden wollte, Gesangsunterricht und lernte Tanzen. Mit 14 Jahren hatte sie am Stuttgarter Theater im Westen ihr Schauspieldebüt im Zwei-Personen-Stück „Ich lieb dich, ich lieb dich nicht" von Wendy Kesselmann. Sie besuchte die Merz-Schule in Stuttgart und schaffte 1995 nach dem Abitur den Sprung an die renommierte Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" (Abschluss 1998).

Noch vor Studienbeginn sammelte Nina Hoss in Joseph Vilsmaiers Kinodrama Und keiner weint mir nach (1996) erste Erfahrungen vor der Kamera und wurde danach vom Produzenten und Regisseur Bernd Eichinger entdeckt. Er bot ihr die Hauptrolle der Edelhure Rosemarie Nitribitt in Das Mädchen Rosemarie an. Die TV-Rolle machte die Zwanzigjährige schlagartig bekannt, flugs rief man sie zum neuen Sexsymbol aus.

Seitdem hat sie eine fulminante Karriere geschafft 2001 beginnt Nina Hoss' Zusammenarbeit mit Regisseur Christian Petzold, dessen bevorzugte Darstellerin sie wird. Die Titelrolle in dem erfolgreichen Drama Die weiße Massai (2005) von Hermine Huntgeburth, in dem Hoss eine Urlauberin spielt, die sich in einen kenianischen Krieger verliebt, bringt ihr den Bayerischen Filmpreis ein.

Yella, die dritte Kooperation mit Petzold, zeigt Hoss als Frau aus der ostdeutschen Provinz, die im Westen neu anfangen will und doch niemals in ihrem neuen Leben ankommt. Auf den Berliner Filmfestspielen 2007 wird Nina Hoss für diese Rolle mit dem Silbernen Bären als Beste Darstellerin geehrt. Kurze Zeit später erhält sie auch einen der wichtigsten deutschen Theaterpreise, den Gertrud-Eysoldt-Ring, für ihre Rolle der "Medea" in der Inszenierung am Deutschen Theater Berlin. Im April 2008 wird Hoss für ihre Leistung in Yella mit dem Deutschen Filmpreis als "Beste Hauptdarstellerin" geehrt (Stand 2008).

Aktuelle Informationen finden sich bei Wikipedia und IMDb.

 

Begründung der Jury

Es ist ein wenig merkwürdig, sich vorzustellen, dass Nina Hoss erst seit dreizehn Jahren auf der Leinwand erscheint. Denn gemessen an der Bedeutung, die der Schauspielerin zukommt, ist das ist eine vergleichsweise kurze Zeit. Wie war das deutsche Kino, als sie noch nicht daran teilhatte? Man mag sich nicht mehr genau erinnern, aber eines weiß man mit Bestimmtheit zu sagen: Es war ärmer. Es musste ohne ihre Präzision auskommen, ohne ihre Konzentration, ohne ihre Ernsthaftigkeit und ohne ihre Gabe, gerade in der Beschränkung eine erstaunliche Bandbreite an Ausdrucksformen zu erschaffen. Seit ihrem Debüt in Josef Vilsmaiers Film »Und keiner weint mir nach« (1996) hat sie sich eine Position ganz oben erspielt. Sie wurde schlagartig populär, als sie im selben Jahr die Hauptrolle in dem Fernsehfilm »Das Mädchen Rosemarie« übernahm. Damals war sie 21, und trotz des Erfolgs setzte sie ihre Schauspiel-Ausbildung an der Berliner Ernst-Busch-Hochschule fort. Heute kann sie ihre Rollen selbst bestimmen und wählt souverän zwischen der Bühne und dem Film – und dort wiederum zwischen den großen und den kleinen Produktionen, zwischen Max Färberböcks »Anonyma« und Christian Petzolds »Yella«. Vor allem unter der Regie Petzolds ist sie ohne Konkurrenz. Sie hat Preise gewonnen – den Silbernen Bär der Berlinale, den Deutschen Filmpreis, den Grimme-Preis, den »Gertrud Eysoldt-Ring« - und sie kann sich der Anerkennung des Publikums sicher sein. Nina Hoss hat die Statur für einen Star, zugleich ist sie eine hart an sich arbeitende Schauspielerin, die lieber vor der Kamera oder auf der Bühne steht als auf einem Roten Teppich. Wenn sie den Bremer Filmpreis entgegennimmt, kann man in Deutschland ihren neuen Film »Jerichow« sehen, wiederum eine Arbeit Christian Petzolds, in der sie ein Frau zwischen zwei Männern spielt. »Schauspielen«, hat sie einmal in einem Interview gesagt, »hat viel damit zu tun, sich als Figur in einem Raum zu bewegen: Findet man eine Haltung oder ist man verloren?« Bei Nina kann man gewiss sein: Sie findet eine Haltung. Sie ist 33 Jahre alt, und sie hat noch eine große Zukunft vor sich.
 

Die Jury

Cristina Nord, Filmredakteurin taz, Dozentin an der FU Berlin
Hans Helmut Prinzler, Regisseur, bis 2005 Leiter des Filmmuseums Berlin
Andres Veiel, Filmemacher
 

Laudatio

Rainer Rother, künstlerischer Direktor der Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin